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  • China auf dem globalen Fußballmarkt

Das Geld kommt aus dem Osten

China drängt immer mehr in den globalen Fußballmarkt. Die FIFA freut es, gewinnt sie doch Milliarden neue Kunden

  • Daniel Theweleit, Moskau
  • Lesedauer: 4 Min.

Vor dem Luschniki-Stadion, im Schatten einer imposanten Statue der immer noch überall präsenten sowjetischen Überfigur Wladimir Iljitsch Lenin, stehen ein paar bunte Kunststoffkühe. Mongolische Kühe, um genau zu sein, Tiere, die jene Milch geben, mit deren Hilfe Lionel Messi eigentlich Weltmeister werden sollte. So haben sich das jedenfalls ein paar chinesische Geschäftsleute ausgedacht, die ihre Produkte hier auf einer Art Messestand präsentieren. Mengniu heißt das Unternehmen, das hier am eigenen Image feilt und zu den zwölf Top-Sponsoren der Fußball-WM in Russland zählt.

Hinter den Kühen kann man Eis, Joghurt und Milchprodukte mit Geschmacksrichtungen wie »Käse-Mango« erwerben, über der Verkaufstheke läuft in Endlosschleife ein etwas billig wirkender Werbespot: Messi liegt müde und schlapp auf dem Rasen, seine Dribblings und Schüsse misslingen, er lässt sich vom Arzt untersuchen - vergeblich. Dann trinkt der Superstar Mengniu-Milch und verwandelt sich sogleich zurück in einen Superhelden. Die Zuschauer, die vorbeilaufen, kaufen trotzdem nichts. Milchprodukten, die es bislang nur in China gibt, fehlt irgendwie der emotionale Bezug zu dieser WM.

Dennoch bezahlt Mengniu viel Geld, um dem Kreis der Premiumpartner des Weltverbandes FIFA angehören zu dürfen. Mit Wanda, Hisense und Vivo kommen noch drei weitere Edelsponsoren aus China, dabei war die Nation nicht einmal für das Turnier qualifiziert. Wenn man jedoch genauer hinsieht, ist das bevölkerungsreichste Land des Planeten erstaunlich präsent bei der WM. Nach Berechnungen von »aljazeera.com« spülen chinesische Unternehmen 835 Millionen der insgesamt auf 2,4 Milliarden US-Dollar geschätzten Werbeeinnahmen in die FIFA-Kassen. »Noch vor drei Jahren hätten chinesische Firmen wahrscheinlich nicht einmal die Chance bekommen, FIFA-Sponsor zu werden«, wird Jianlin Wang, Präsident des Immobilienunternehmens Wanda vom »Guardian« zitiert, »aber da einige westliche Firmen abgesprungen sind, bekamen wir diese Gelegenheit.«

Dass die für Unternehmen interessant ist, obwohl sie ihre Produkte weder an ein globales Publikum verkaufen, noch mit einer eigenen Mannschaft vertreten sind, erzählt viel über das Verhältnis der Chinesen zur Fußball-WM. Das Interesse ist enorm. Rund 43 000 Eintrittskarten für die Spiele wurden nach offiziellen Angaben von Chinesen gekauft, staatliche chinesische Medien berichten gar von 60 000 Landsleuten, die als WM-Touristen nach Russland aufgebrochen sind, russischen Zählungen zufolge sollen es sogar 100 000 sein. Zum Vergleich: 70 000 Tickets gingen nach Deutschland, nur 35 000 nach England.

Bei den Gästen aus Fernost handelt es sich um Menschen, die dem Idealbild der FIFA von einem Fußballzuschauer sehr nahe kommen: freundlich, zurückhaltend, konsumfreudig. Es wird vermutlich auch in den kommenden Jahrzehnten nie große Ansammlungen chinesischer Männer auf öffentlichen Plätzen geben, die sich betrinken, grölen, pöbeln oder mit der Polizei aneinandergeraten. Dafür seien Gäste aus China im FIFA-Fanshop direkt am Roten Platz, »vielleicht sogar die besten Kunden«, sagt eine Verkäuferin. Hier gibt es die offiziellen T-Shirts mit dem WM-Logo, Maskottchen, Handyhüllen. Dinge, die aus deutscher Perspektive eher peinlich wirken - wer will sich hierzulande schon als FIFA-Fan in der Öffentlichkeit zeigen?

In China ist das Image des Weltverbands jedoch noch ein ganz anderes; hier verkörpert die Organisation den großen strahlenden Weltmeisterschaftsfußball. Nicht nur deshalb sieht FIFA-Chef Gianni Infantino einen Teil der Fußballzukunft in China. Mit rund 1,3 Milliarden Einwohnern leben dort mehr Menschen als in Europa (750 Millionen) und Südamerika (420 Millionen) zusammen. Berechnungen von McKinseys Unternehmensberatern zufolge werden im Jahr 2022 schon 76 Prozent der städtischen Bevölkerung Chinas zur Mittelschicht gehören. Und sie alle werden als potenzielle Kunden betrachtet.

Staatspräsident Xi Jinping plant angeblich eine Bewerbung für die WM 2030, den ersten Titelgewinn soll es 2050 geben. Und in den voraussichtlichen Startformationen der Halbfinals lassen sich schon jetzt kaum mehr Spieler aus der Bundesliga aufspüren als aus Chinas Eliteliga. Der Franzose Benjamin Pavard (Stuttgart) sowie der Kroate Ante Rebic (Frankfurt) stehen bei deutschen Klubs unter Vertrag, während Chinas League One durch die Belgier Axel Witsel und Yannick Carrasco vertreten sein wird. Und im Gesamtbild aus Fans, Sponsoren und Spielern ist China schon jetzt präsenter als die noch amtierende Weltmeisternation.

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