Suche nach besserem Zugang
Merkel sieht wachsende Geschäftsmöglichkeiten auf dem Markt in der Volksrepublik
Die Delegationen wurden angeführt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Ministerpräsidenten Li Keqiang. Allein die hochrangigen Abordnungen unterstreichen, welche Bedeutung beide Staaten den bilateralen Beziehungen beimessen. Es waren die wohl wichtigsten Regierungsgespräche beider Länder seit der ersten Runde 2011. Am Montag wollten Merkel und Li auch am neunten Deutsch-Chinesischen Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit teilnehmen.
Im Mittelpunkt der Konsultationen standen die wirtschaftlichen Beziehungen beider Staaten. Während der Schlagabtausch im Handelskrieg zwischen den USA und China immer heftiger wird - am Freitag traten die US-Strafzölle aus China in Kraft, Peking verhängte im Gegenzug Gegenzölle - versucht die deutsche Wirtschaft hier einen Weg der Deeskalation. Denn die Verschärfung im Streit China - USA nährt auch Befürchtungen von einem Handelskrieg mit globalen Konsequenzen. Hubert Lienhard, Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft sagte zu den deutsch-chinesischen Gesprächen: »Ich könnte mir da schon ein gemeinsames Signal bei den Konsultationen vorstellen. Aber nicht als Drohung an die USA, sondern eher als gemeinsames Bekenntnis zum Freihandel.«
Die deutsche Wirtschaft erhofft sich von den Konsultationen auf jeden Fall einen besseren Marktzugang in China. Dort gibt es derzeit mehr als 5000 deutsche Unternehmen. Die Volksrepublik ist seit zwei Jahren Deutschlands wichtigster Handelspartner. Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen fast 187 Milliarden Euro. Doch die wirtschaftlichen Beziehungen sind auch kompliziert. Chinas sozialistische Marktwirtschaft steht hier dem kapitalistischen neoliberalen Wirtschaftssystem gegenüber. Es gibt in China hohe Investitionshürden für deutsche Unternehmen.
Die deutschen Firmen haben es vor allem auf den Binnenmarkt mit seinen fast 1,4 Milliarden Verbrauchern abgesehen. Diese schätzen laut der staatlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) die Qualität der Waren »Made in Germany«. Zugang zum chinesischen Markt wird für deutsche Unternehmen immer wichtiger, eine Produktion in China durch steigende Löhne hingegen immer teurer. Und laut GTAI ist China kein verlässlicher Rechtsstaat. Bestehende Regelungen werden oft unterschiedlich angewandt oder ändern sich schnell. Die deutschen Unternehmen dürfen in vielen Branchen nur eingeschränkt agieren und müssen sich chinesische Partner suchen. Außerdem klagen sie über Benachteiligung gegenüber Staatsbetrieben und nach wie vor hohe Produktpiraterie.
Kanzlerin Merkel sieht dagegen weiter wachsende Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen auf dem chinesischen Markt. Es zeige sich, dass bei der Marktöffnung Chinas den Worten auch Taten folgten, sagte sie am Montag. Sie verwies auf gelockerte Voraussetzungen für Beteiligungen in China, die auch nicht mehr als Gemeinschaftsunternehmen angelegt sein müssten. Merkel hat das gemeinsame Bekenntnis zu multilateralen Handelsregeln hervorgehoben. Ohne den Handelskonflikt mit den USA zu erwähnen sagte die Kanzlerin, Deutschland und China hielten sich an das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO. Sie lobte neue Beteiligungsmöglichkeiten für deutsche Firmen in China, die Öffnung des chinesischen Finanzmarkts und die Tatsache, dass etwa deutsche Autokonzerne nun auch Beteiligungen über 50 Prozent erhalten könnten.
Auch die Situation der Menschenrechte und die Arbeitsbedingungen für Nichtregierungsorganisationen in China waren nach Merkels Worten Thema der Gespräche. Allgemein sagte sie: »Die Zusammenarbeit ermöglicht es, auch kontroverse Fragen offen miteinander zu besprechen.«
Am Rande der Konsultationen gab es Unterschriften unter mehrere Wirtschaftsverträge. Unter anderem wurde der Bau einer Fabrik für Batteriezellen für Elektroautos im thüringischen Erfurt besiegelt. Der chinesische Hersteller Catl will dort nach dpa-Informationen in einem ersten Schritt einen dreistelligen Millionenbetrag investieren. Langfristig könnten bis zu 1000 Arbeitsplätze entstehen. Der Autobauer BMW will in Erfurt Batteriezellen für 1,5 Milliarden Euro einkaufen. Mit Agenturen
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