Riesling aus Brandenburg?

Bernhard Krüsker (Deutscher Bauernverband) über Dürre, Klimawandel und nötige Reformen

  • Lesedauer: 5 Min.

In vielen Gegenden Deutschlands ist der Boden ausgetrocknet. Auch wenn nun ein Tief mit Regen kommt: Was sind die Folgen der Trockenheit für die Landwirtschaft?

Die Folgen sind drastische Ernteausfälle. Die reichen an einigen Standorten bis zum Totalausfall. Auch wenn es jetzt regnet, ändert das nicht mehr viel. Denn der Schaden ist bei Ackerkulturen wie Getreide und Raps schon eingetreten. Mais und Zuckerrüben könnten noch ein bisschen nachholen, aber auch sie haben besonders im Norden und im Osten Deutschlands massive Vorschäden.

Das ist gewissermaßen Klimawandel zum Anfassen. Die Landwirte haben das bereits in den vergangenen Jahren zu spüren bekommen. Die Vegetationszeit - die Zeit, in der die Pflanzen aktiv wachsen - ist länger geworden, je nach Standort um 10 bis 20 Tage. Und es gibt mehr Ex-tremwetterereignisse.

Dazu gehören nicht nur die Frühjahrstrockenheit - die in einigen Regionen immer schon da war, aber nicht in dieser extremen Ausprägung -, sondern auch Starkregen mit Erosionsschäden, Hagelschlag oder Spätfröste. Im vergangenen Jahr hatten wir einen sehr starken späten Frosteinbruch nach einem warmen Frühjahr, der rund ein Drittel der deutschen Apfelernte gekostet hat.

Eine längere Vegetationsperiode klingt erst einmal gar nicht so schlecht für die Landwirtschaft. Sind die Folgen des Klimawandels für die Landwirte trotzdem eher negativ?

In der Mischung schon. Eine verlängerte Vegetationsperiode hilft nur ohne Trockenheit und Unwetter. Der Klimawandel verändert auch Anbaumöglichkeiten, vielleicht wird Brandenburg einmal Chancen für den deutschen Riesling bieten. Aber ernsthaft: In der Abwägung sind die Wetterextreme das größere Problem.

Wie versuchen Sie, sich an den Klimawandel anzupassen?

Landwirtschaft kann einen Beitrag dazu leisten, die CO2-Bilanz mehr ins Gleichgewicht zu bringen, zum Beispiel über erneuerbare Energien, über die Biomassenutzung oder die CO2-Festlegung in Böden. Aber selbst wenn es gelingt, den Anstieg der Temperaturen zu begrenzen, sind wir dauerhaft mit den Folgen konfrontiert. Das hat Auswirkungen auf Anbaumethoden, die Auswahl von Kulturarten und Sorten sowie auf Fruchtfolgen.

Was sollte noch getan werden?

Wir müssen auch etwas beim Risikomanagement tun und brauchen mehr Instrumente für die Versicherung von Klimarisiken. Hagelversicherungen sind in Deutschland flächendeckend verfügbar. Aber das Thema Dürre und Elementarschäden fehlt vielfach noch. Zudem müssen landwirtschaftliche Unternehmen in die Lage versetzt werden, wirtschaftlich für solche Wetterextreme vorsorgen zu können. Dazu fordern wir seit Langem eine Gestaltungsmöglichkeit in Form einer steuerfreien Gewinnrücklage, um in guten Jahren Reserven für schlechte Jahre zu bilden. Anfang des Jahres haben wir außerdem eine aktualisierte Klimastrategie veröffentlicht, in der wir einen ganzen Katalog von Maßnahmen und Forderungen zum Umgang mit dem Klimawandel aufgeführt haben - große und kleine Stellschrauben.

Welche zum Beispiel?

Einmal sind es produktionstechnische Dinge, Anbaumethoden, Züchtung. Einer der wichtigsten Ansatzpunkte ist eine Effizienzverbesserung in der Erzeugung, die direkt auch die CO2-Bilanz verbessert. Es gibt ein noch ungenutztes Potenzial zur CO2-Speicherung in Böden und in Anbaubiomasse. Wenn man das Potenzial zur Humusbildung nutzt und fördert, dann kann man mit einer guten landwirtschaftlichen Praxis auch CO2 binden. Landwirtschaft hat eine besondere Position. Ernährung ist etwas Alternativloses, das man nicht einfach umstellen oder ersetzen kann wie Teilbereiche in Industrie oder Verkehr.

Wie lässt sich denn erreichen, dass die Landwirte beispielsweise für einen höheren Humusgehalt sorgen?

Es gibt Instrumente, mit denen man das fördern kann, etwa über Agrarumweltprogramme. Wir diskutieren gerade über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union. Aber es ist auch im Interesse der Landwirtschaft, möglichst viel Humus im Boden zu binden. Das stabilisiert die Erträge und macht Böden und Pflanzenbestände robuster.

Merken Sie, dass es dadurch, dass die Landwirte die konkreten Folgen des Klimawandels jetzt schon spüren, mehr Bereitschaft zum Klimaschutz gibt?

Ja, natürlich. Das ist auch nicht neu. Wir sind aber immer ein bisschen kritisch, wenn dann solche Patentrezepte herausgeholt werden, wie: »Esst kein Fleisch mehr, dann wird das Klima gut.« Das funktioniert schlichtweg nicht und ist eine Version des modernen Ablasshandels.

Warum funktioniert das nicht?

Weil der größte Anteil der Emissionen aus der Industrie, der Wärmeerzeugung und dem Verkehrssektor kommt. Dann ist das schon ein bisschen komisch, wenn man den Fleischverzicht als ernsthafte Option verkauft, einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Man kann Fleisch sowohl auf eine sehr klimafreundliche als auch auf klimaschädliche Art und Weise produzieren. Es kommt darauf an, wie man Fleisch »klimaeffizient« erzeugt.

Trotz der Methan-Emissionen?

Der relative Methan-Ausstoß ist am höchsten, wenn man an die Rinder einen hohen Anteil energiearmer Grasprodukte und ähnlicher faserreicher Produkte verfüttert. Das ist aber ein Zielkonflikt. Wozu hält man Wiederkäuer? Damit sie genau diese Rohstoffe verwerten, die für die menschliche Ernährung nicht zugänglich sind, und daraus hochwertige Lebensmittel machen. Dann habe ich eben auch höhere Methan-Emissionen, aber auf einer anderen Ebene eine höhere Effizienz.

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