Anti-Terror-Ermittler unter Nazi-Verdacht

Beamter der Berliner Kriminalpolizei verschickte SMS in rechtsradikalem Jargon an seinen Vorgesetzten

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Ein Anti-Terror-Ermittler der Berliner Kriminalpolizei steht nach einem Medienbericht im Verdacht, mit seinem Vorgesetzten im Jargon von Neonazis kommuniziert zu haben. Laut einem polizeiinternen Vermerk, der dem ARD-Magazin »Kontraste«, dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) und der »Berliner Morgenpost« vorliegt, forderte der Oberkommissar aus dem Staatsschutz im Landeskriminalamt (LKA) in einer SMS an seinen Vorgesetzten, sich von »Merkel & Co und ihren scheiß Gut-Menschen« fernzuhalten. In einer anderen SMS nutzte er als Abschiedsgruß die Ziffern »88«. Sie stehen für den achten Buchstaben im Alphabet und werden als Code für den verbotenen Nazi-Gruß »Heil Hitler« genutzt. Die Berliner Polizei bestätigte Ermittlungen gegen die beiden Beamten und einen Verweis gegen einen von ihnen, wollte sich zu dem Inhalt aber nicht äußern.

Laut dem Bericht sei gegen die Polizisten bereits im Juni 2017 ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Der Oberkommissar habe einen Verweis erhalten. Das Verfahren gegen den Hauptkommissar, der die SMS erhielt, sei noch nicht abgeschlossen. Er habe die rechtsextremen Parolen »nicht kritisch hinterfragt«. Als Vorgesetzter wäre er dazu aber verpflichtet gewesen. Die LKA-Dienststelle, in der die Polizisten zum Zeitpunkt des SMS-Austauschs tätig waren, war für die Überwachung des späteren islamistischen Attentäters auf dem Weihnachtsmarkt, Anis Amri, zuständig.

Die LINKEN-Bundestagsabgeordnete Martina Renner kritisierte das Vorgehen der Berliner Polizeiführung. Sowohl der Absender der SMS wie sein Vorgesetzter hätten nach diesen Vorgängen »im Polizeidienst nichts mehr verloren«. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic, kündigte an, den Fall im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur Aufklärung der Umstände des Breitscheidplatz-Anschlags aufarbeiten zu wollen. Es sei »hochproblematisch«, wenn »Beamte mit einer offenbar rechtsextremen Einstellung« in einer Dienststelle tätig seien, die für die Verfolgung von politisch motivierten Straftaten zuständig ist, sagte Mihalic.

Der innenpolitische Sprecher der Berliner FDP, Marcel Luthe, kritisierte den erteilten »Verweis« als zu milde. Ein Beamter, der sich so verhalte, sei »weder für den Staatsschutz geeignet noch für die Berliner Polizei, weil er ganz offensichtlich weder die Treue zum Rechtsstaat noch zur freiheitlich demokratischen Grundordnung« habe, sagte Luthe.

Die SMS-Unterhaltung wurde bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft entdeckt. Sie hatte gegen den Hauptkommissar und einen weiteren Polizisten im Mai 2017 ein Verfahren eingeleitet. Es ging um Akten über Amris Drogenhandel, der im Nachhinein heruntergespielt wurde. Der Verdacht stand im Raum, dass Polizisten damit ihre vorherige Untätigkeit bei den Ermittlungen kaschieren wollten. Das Verfahren wurde im April eingestellt, weil kein Vorsatz belegt werden konnte. Die Staatsanwaltschaft hatte das Handy des Hauptkommissars beschlagnahmt und daraufhin die SMS entdeckt. Agenturen/nd

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