Fracking im Sonnenparadies?
Portugals Linksregierung bereitet Ölförderung vor der Küste den Weg
Vor dem Weltklimagipfel 2016 in Marokko stellte die Linksregierung in Portugal unter António Costa ihren Plan für erneuerbare Energien vor: Bis 2050 will das sonnenreiche Land auf fossile Brennstoffe verzichten. Schon heute wird die elektrische Energie vor allem regenerativ erzeugt - und Experten finden, dass bei entsprechender Investition noch mehr möglich ist. Das Land besitzt keine Atomkraftwerke und hat noch nie Erdölbohrungen gestattet; dabei soll es möglichst bleiben.
Doch bereits von Vorgängerregierungen abgeschlossene Verträge mit Erdölfirmen sind noch gültig. Dagegen wehren sich seit Jahren nicht nur Umweltaktivisten, sondern Bürgermeister aller betroffenen Landkreise, Wissenschaftler für Klimaschutz, Vertreter von Fischerei und die Tourismusbranche. Gerade letztere hat ein starkes Argument: Zwei von zehn Jobs im Land hängen am Tourismus.
Zunächst ging die Regierung darauf ein; von den fünfzehn Verträgen mit Erdölfirmen wurden zehn bis Dezember 2017 nicht verlängert; der Bevölkerung vor allem im Algarve wurde zugesichert, nicht gegen ihren Willen nach Öl zu bohren. Doch kurz nach dem Jahreswechsel änderte die Regierung ihre Meinung. Kohlenstofffrei heiße nicht erdölfrei, argumentierte ausgerechnet Umweltminister João Matos Fernandes: «Eine eigene Förderung fossiler Brennstoffe würde uns wirtschaftlich vom Ausland unabhängig machen.» Genau dem widerspricht das nationale Aktionsbündnis Parar o Furo. Martin Winiecki, einer seiner Wortführer: «Portugal verfügt über beste natürliche Bedingungen, um ein Pionierland für eine gerechte und regenerative Gesellschaft zu werden - ohne fossile Brennstoffe.»
Im Januar verlängerte der Staatssekretär für Energie zwei Verträge mit der Erdölindustrie, einer davon vor der Küste des Nationalparks Costa Vizentina im Südwesten. Da Nuno Lacasta, der Präsident der portugiesischen Umweltagentur (APA), eine Umweltweltverträglichkeitsprüfung der Probebohrungen für nicht nötig hielt, darf die Ölbohrung ab dem 15. September losgehen.
Die Empörung ist groß. Keine Umweltprüfung für Ölbohrungen in einem Naturschutzgebiet mit hoher seismischer Aktivität? Wofür brauche das Land überhaupt noch eine Umweltagentur, wütete die Vorsitzende der Grünen Partei, Heloisa Apolónia. Dass die Bohrung mit 46 Kilometer Entfernung von der Küste von Touristen nicht wahrzunehmen sei, überzeugte nicht angesichts realer Gefahren jeder Ölforderung - ob konventionell oder Fracking - für das biologische Gleichgewicht der geschützten Küstenregion. «Es gibt keine ungefährliche Ölexploration», sagt der Abgeordnete des Bloco Esquerda (Linker Block), Nuno Costa.
Das Aktionsbündnis Parar o Furo will die Bohrung verhindern. Am landesweiten Aktionstag am 4. August, am Strand von Cova da Vapor südlich von Lissabon werden auch einige der Initiatoren der Proteste von Standing Rock in Nord-Dakota erwartet. Ladonna Bravebull Allard, die Gründerin des ersten Camps von Standing Rock: «Die Welt hat uns beigestanden, jetzt stehen wir euch bei.
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