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  • Wohnungsstreit in Berlin

Eigenbedarf bis nach dem Tod

Vor dem Landgericht Berlin wurde post mortem der Fall Jürgen Rostock verhandelt

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Härtefall ist durch den Tod des Mieters beseitigt worden«, ruft der Mieteraktivist Kurt Jotter spontan in den gut gefüllten Raum des Berliner Landgerichts. An diesem Dienstag hatte zuvor die Richterin eine Eigenbedarfskündigung einer Wohnungseigentümerin mit der Begründung für rechtmäßig erklärt, dass wegen des Todes des Mieters kein Grund für einen Härtefall mehr gegeben sei.

Betroffen von der Kündigung war der Begründer und langjährige Leiter des Dokumentationszentrums Prora, Jürgen Rostock. Bereits am 25. März dieses Jahres ist er im Alter von 81 Jahren verstorben. In den letzten Monaten seines Lebens musste er um seine Wohnung in der Torstraße in Mitte kämpfen, in der er mehr als 27 Jahren gelebt hatte. Er wollte dort inmitten seiner umfangreichen Bibliothek seinen Lebensabend verbringen.

Eine Autorin und Werberin hatte die Wohnung im Jahr 2013 erworben. Zwei Jahre später kündigte sie dem Senior wegen Eigenbedarf. »Seitdem plagte meinen Vater die Angst vor dem Verlust seiner Wohnung«, erklärt Katharina Rostock, die Tochter des Verstorbenen. Sie führte am Dienstag als Erbin vor dem Berliner Landgericht den letzen juristischen Kampf. Den Prozess um die Eigenbedarfskündigung hatte ihr Vater bereits 2017 in der ersten Instanz verloren. Daraufhin beantragte er eine Fristverlängerung für den Auszug, um mehr Zeit für die Wohnungssuche zu haben. Das lehnte die Klägerin ab.

Danach habe sich der Gesundheitszustand ihres Vaters rapide verschlechtert, berichtet Katharina Rostock. »Ich kann nicht behaupten zu wissen, dass sein plötzlicher Tod im März die Folge der Belastung durch den Rechtsstreit war. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass der Rechtsstreit eine Belastung für ihn war, und das ist für einen herzkranken Menschen sehr ungünstig«, erklärte die in Sachsen lebende Heilpraktikerin nach dem Ende des Verfahrens. Trotz ihrer juristischen Niederlage bezeichnete sie es als positiv, dass die Richterin erklärt habe, hätte ihr Vater noch gelebt, hätte sie den Sachverhalt noch einmal geprüft und unter Umständen einen Härtefall anerkannt.

Aktivist Kurt Jotter hatte auf Initiative der Tochter und deren Anwalt die stadtpolitische Bewegung informiert. Unter anderem die Mieter-Initiative Bizim Kiez hatte danach erfolgreich zu dem Verfahren mobilisiert, um auf die mitunter tödlichen Folgen einer Eigenbedarfskündigung aufmerksam zu machen. Die Zahl der Interessierten war so groß, dass eine zusätzliche Sitzbank in den Verhandlungssaal gebracht werden musste.

Der Anwalt für Mietrecht, Stefan Czink, weist als juristischer Vertreter von Katharina Rostock vor Gericht eindringlich auf die Belastungen hin, die Eigenbedarfskündigungen für die Mieter bedeuten. Nach etwa 15 Minuten beendet die Richterin den Disput mit der Bemerkung, ethische Diskussionen sollten vor dem Gerichtssaal weitergeführt werden. Dort spricht Stefan Czink auch die Verantwortung der Politik an. »In Frankreich verhindere seit 2016 ein Gesetz, dass Mieter über 65 Jahre durch Eigenbedarfskündigungen ihre Wohnung verlieren. In Deutschland gibt es bisher keine solche Initiative, weil sich keine Partei mit der Immobilienwirtschaft anlegen will.«

Das »neue deutschland« hat selbstverständlich auch die Wohnungsbesitzerin um eine Stellungnahme gebeten. In ihrem Auftrag antwortet stattdessen ein Medienrechtsanwalt. Er teilt mit, dass »unsere Mandantin überhaupt keine Stellungnahme abgeben wird. Sie wird auch keine Fragen beantworten«. Zudem weist der Anwalt darauf hin, dass sich seine Mandantin juristische Schritte vorbehalte, wenn ihre Anonymität nicht gewahrt werde.

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