Drohungen gegen Streikende

Irischer Billigflieger Ryanair fährt harte Geschütze gegen seine Beschäftigten auf

  • Ralf Streck, Madrid
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Billigfluglinie Ryanair sieht wegen schlechter Arbeitsbedingungen und Bezahlung harten Kämpfen entgegen. Nach dem Pilotenstreik in der irischen Heimat des Konzerns vergangene Woche war nun das Bordpersonal in Spanien, Portugal und Belgien zur Arbeitsniederlegung am Mittwoch und Donnerstag aufgerufen. In Italien waren auch die Piloten aufgerufen, allerdings beide Gruppen nur für Mittwoch. Schwerpunkt des Streiks ist Spanien, wo pro Tag von Ryanair vorsorglich 200 Flüge gestrichen wurden, um ein Chaos an Flughäfen zu vermeiden.

In Spanien legte die Regierung auch Minimaldienste fest, um die Auswirkungen im Urlaubsland zu begrenzen. Derlei gab es weder in Portugal noch in Belgien, wo in Brüssel 90 Prozent und in Charleroi 70 Prozent der Flüge ausfallen. In Spanien dagegen müssen alle Inlandsflüge auf die Inseln und 59 Prozent aller internationalen Flüge durchgeführt werden - das Streikrecht wird somit massiv beschnitten.

Für Italien blieben im Vorfeld die Auswirkungen des Aufrufs der Gewerkschaften CGIL und UIL ungewiss. Ryanair hatte mitgeteilt, grundsätzlich könnten alle Ziele betroffen sein, die dort angeflogen werden. Insgesamt wurden mehr als 130 Flüge in Italien gestrichen. Betroffen waren vor allem die Ryanair-Basis an den Flughäfen Mailand-Bergamo und Pisa. Hier spielten sich teils tumultartige Szenen gab, die die Airline mit Umbuchungen, Rückerstattung der Ticketpreise und anderen Maßnahmen zu verhindern versucht hatte.

Diese Ausfälle hatten wiederum Auswirkungen auf andere Länder. So blieben am Vormittag zum Beispiel 180 Reisende in Barcelona auf ihren Koffern sitzen, weil ihr Flieger aus Pisa nicht eingetroffen war. Barcelona ist mit 130 gestrichenen Flügen das am stärksten beeinträchtigte Ziel. Aber auch Flüge zu anderen Destinationen, die eigentlich nicht vom Streik betroffen sein sollten, wurden abgesagt. Das widerspricht der Behauptung von Ryanair, dass alle geplanten Flüge normal durchgeführt würden.

Ryanair hatte streikwilligen Mitarbeitern schon mehrfach gedroht und zudem die Drohkulisse nach dem Pilotenstreik in Irland weiter hochgezogen. Am Mittwoch kündigte die Billigairline an, dass die Flotte in der irischen Hauptstadt Dublin um 20 Prozent verkleinert werden soll. Betroffen sein sollen 100 Piloten und 200 Beschäftigte des Kabinenpersonals, so Ryanair. Sie seien informiert worden, dass ihre Dienste ab dem 28. Oktober nicht mehr nötig sein könnten. Abhängig sei dies von »mehreren Faktoren« wie der Produktivität. Ryanair werde die Arbeitsplätze nach Polen und vielleicht auch an andere Standorte verlagern. Begründet wurde das unter anderem mit rückläufigen Buchungen wegen der Pilotenstreiks.

Ryanair versucht offenbar Drohungen zu unterstreichen, die Mitarbeitern gemacht wurden. Die spanischen Gewerkschaften USO und Sitcpla, die zum Ausstand aufgerufen haben, verweisen auf E-Mails, die Ryanair an Mitarbeiter verschickt habe. Darin wurden sie am Dienstag vor »schwerwiegenden Konsequenzen« gewarnt und aufgefordert, ihre Posten einzunehmen. Berichtet wird auch von Drohanrufen bei Beschäftigten.

Bei den Streiks geht es vor allem um bessere Arbeitsbedingung und Gehälter. Die Beschäftigten wollen, dass Löhne angeglichen und befristete Beschäftigung beseitigt werden. Beklagt wird die fehlende Dialogbereitschaft der Airline. Vermittlungsversuche von Regierungen in Spanien und Portugal sind gescheitert. USO-Sprecher Ernesto Iglesias sagt, die Verhandlungsbereitschaft von Ryanair sei gering, sie habe »mit Krieg« gedroht. »Der Arbeitskolonialismus von Ryanair muss beendet werden«, fügte er an.

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Die Beschäftigten müssten spanischen Recht unterliegen, fordert auch Antonio Escobar. Der Sitcpla-Sprecher beklagt, dass Beschäftigte »simulieren müssen«, in Irland zu leben und »zeitweise in Spanien« stationiert zu sein. Damit sind sie in Irland und nicht Spanien in der Kranken-, Arbeitslosen-, oder Rentenversicherung. Das ist für Ryanair billiger, während Beschäftigte private Krankenversicherungen abschließen müssen. Die Gewerkschaften kritisieren auch Spaniens Regierung und weisen auf Widersprüche hin. Sie fragen, auf welcher Basis sie Minimaldienste für Beschäftigte festlegt, die offiziell in Irland angestellt sind. Iglesias kündigte am Mittwoch neue Proteste »eher früher als später« an, auch »alternative Formen« seien möglich.

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