• Kultur
  • Sperrung von Facebook-Seiten

Kreml oder Antifa?

Facebook hat in den USA 32 Seiten und Fake-Konten gelöscht - darunter auch Antifa-Seiten

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Onlinenetzwerk Facebook hat in den USA 32 Facebook-Seiten und Fake-Konten gelöscht, die mutmaßlich aus dem Ausland gesteuert wurden. Sie hätten sich durch »koordiniertes inauthentisches Verhalten« von normalen Nutzern unterschieden und verdächtig gemacht. Am Dienstag habe Facebook die Seiten gelöscht, weil ein »solches Verhalten« und »Netzwerke von Accounts zur Irreführung von anderen« auf der Plattform nicht erlaubt seien.

Die populärsten der gelöschten Facebook-Seiten - »Aztlan Warriors«, »Black Elevation«, »Mindful Being« und »Resisters« - hätten bis zu 290 000 Follower gehabt, erklärt Facebook in einer Stellungnahme. Zwischen April 2017 und Juni 2018 hätten sie demnach etwa 150 Anzeigen für rund 11 000 Dollar in dem Netzwerk geschaltet.

Facebook ordnet diese falschen Accounts und Seiten explizit nicht der russischen Internet Research Agency (IRA) - einer regierungsnahen »Trollfabrik« - zu. Die Fake-Seiten wiesen aber Ähnlichkeiten mit Techniken und Infrastrukturen auf, die laut Facebook bei Einflusskampagnen vor der Wahl 2016 von jener IRA genutzt worden seien. Die jetzt gesperrten Konten hätten noch entschiedener versucht, ihre wahre Identität zu verschleiern.

Der Fall fällt in eine Zeit, in der in den USA noch immer über eine Beeinflussung der Präsidentschaftswahl von 2016 debattiert wird und in der Facebook - auch angesichts fallender Aktienkurse - unter Druck geraten ist, stärker gegen falsche oder manipulierende Inhalte vorzugehen. In der mittlerweile, für das Thema sensibilisierten Öffentlichkeit gab es zudem vor wenigen Tagen einen Bericht über einen vermeintlich russischen Hackversuch gegen einen Mitarbeiter der demokratischen Senatorin Claire McCaskill. Die Senatorin muss im relativ konservativen Missouri um ihre Wiederwahl bangen.

Im aktuellen Fall trifft das Vorgehen gegen vermeintliche ausländische Einflussnahme aber auch antifaschistische Proteste. So wurde über die gelöschte Gruppe »Resisters« eine Antifakundgebung administriert, die sich gegen eine rechte Demonstration zum Jahrestag des rechten Marsches in Charlottesville richtete.

In der Stadt in den USA war 2017 eine Gegendemonstrantin von einem in die Menge rasenden Autofahrer getötet worden. Auch das Facebook-Event zu »No Unite The Right 2 DC« wurde entfernt. Die Aktivisten sind empört darüber, dass mit der Löschaktion nun der Eindruck entstehen könne, der für den 12. August geplante Protest sei vom Kreml gesteuert. Andrew Batcher vom Antifa-Bündnis »Shut it down« erklärte dem »San Francisco Chronicle«, die Facebook-Eventseite sei zwar von »Resisters« erstellt, aber dann von anderen Gruppen übernommen worden.

Er habe keinen Beweis für ausländische Einflussnahme auf der Seite gesehen: »Der ganze Inhalt der Seite kam von lokalen Aktivisten.« So sieht Batcher die Löschung als Zensur von real existierendem Protest. Selbst wenn es russischen Einfluss gegeben habe, sei dieser bedeutungslos gewesen, erklären die Aktivisten.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.