- Wirtschaft und Umwelt
- Konzerne und Klimawandel
In vielen Ländern wären Klagen möglich
Hohe Entschädigungszahlungen könnten Konzerne zur Einsicht beim Klimaschutz bringen
Wie ist Saúl Luciano Lliuya ihr Mandant geworden?
Dr. Roda Verheyen, Jahrgang 1972, ist eine Hamburger Juristin mit Schwerpunkt Völker-, Umwelt- sowie Planungs- und Klimaschutzrecht. Über ihre Klage gegen RWE sprach mit ihr Knut Henkel.
Der regionale Verantwortliche des gemeinnützigen Vereins Germanwatch, Noah Walker-Crawford, hat 2014 die Verbindung zu Saúl Luciano Lliuya aufgebaut. Damals hat Germanwatch bereits die Augen aufgehalten, um einen derartigen Präzedenzfall präsentieren zu können.
Einen Präzedenzfall zur Unternehmensverantwortung für den Klimawandel?
Ja, genau. Und dafür ist Saúl Luciano Lliuya genau der Richtige, denn er ist sehr engagiert und die Gletscherschmelze macht ihm und seinem Vater, der beim ersten Besuch in Deutschland dabei war, Sorgen.
Warum haben Sie sich ausgerechnet RWE herausgepickt?
Aus unserer Sicht - und da gebe ich auch die Perspektive von Saúl Luciano Lliuya wieder - ergibt es keinen Sinn, ein peruanisches Kraftwerk anzuklagen. Dann wären wir bei einem Emissionswert, der - gemessen an den globalen Emissionen - wirklich marginal wäre. RWE ist ein anderes Kaliber, um etwas zu bewegen. Der Konzern ist für rund 0,5 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich und damit Europas größter Emittent. So lässt sich ein direkter Bezug einfacher nachweisen und berechnen. Genau das haben wir gemacht.
Könnten weitere Klagen folgen?
Ja, durchaus. Allerdings ist noch nichts vorbereitet, aber die Kontakte zu Anwälten in anderen Staaten bestehen über ein Netzwerk von Umweltanwält*innen. Da wir hier in Deutschland nun zur Beweisaufnahme schreiten, ist der Präzedenzfall bereits eingetreten. Hier können andere Anwälte ansetzen. Allerdings ist das nicht überall auf dem Globus möglich.
Warum?
Weil die Justizsysteme längst nicht überall funktionieren und die Gewaltenteilung nicht immer gegeben ist. Ineffiziente Justizsysteme, institutionelle Hürden, Korruption sind wichtige Stichworte, aber auch die fehlende Implementierung von Urteilen. Es ist ein Unterschied, ob ein Urteil in Deutschland ergeht oder in Kolumbien. Hier erhält der Kläger seine Entschädigung, wenn das Gericht so entscheidet - in Kolumbien ist das nicht sicher.
Seit März dieses Jahres soll die Beweisaufnahme in Hamm laufen. Wie sieht es aus - werden Gutachter nach Huaraz reisen?
Das ist nicht unbedingt nötig, weil es genug Material und Studien gibt. Aber auszuschließen ist es nicht. Augenblicklich zieht sich die Beweisaufnahme hin, weil es keine Einigung bei den Gutachtern gibt. Da gibt es von beiden Seiten Vorschläge, und ich habe den Eindruck, dass RWE auf Zeit spielt. Daher ist es nicht absehbar, wie lange es dauern wird.
Wäre ein Vergleich in Ihrem Sinne gewesen?
Wir haben einen Vergleich angeboten, aber RWE hat sich darauf nicht eingelassen. Eigentlich ist mit der Entscheidung des Gerichts, meiner Argumentation zu folgen und die Beweisaufnahme aufzunehmen, der erhoffte Präzedenzfall bereits Realität.
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