Zwang kommt nicht gut an
CDU-Forderungen nach allgemeiner Dienstpflicht stoßen auf Widerstand
Berlin. Die Forderungen zahlreicher CDU-Politiker nach einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Frauen und Männer stoßen auf breiten Widerstand. Neben Politikern von SPD, Linkspartei, Grünen und FDP äußerte auch der frühere Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erhebliche Bedenken. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dagegen hält die Debatte über ein allgemeines Dienstjahr nach Angaben eine Sprechers vom Montag für »gut und wichtig«.
Guttenberg nannte die Forderungen in der »Bild«-Zeitung vom Montag eine »ehrenwerte Idee«, stellte aber klar: »Das Grundgesetz sieht einen solch verpflichtenden, also erzwungenen Arbeitseinsatz nicht vor.« Der CSU-Politiker warnte zudem vor »exorbitanten Kosten«. »Die notwendigen Finanzmittel für bis zu 700 000 junge Menschen pro Jahr würden erhebliche Einschnitte in anderen Bereichen nach sich ziehen«, auch bei der Ausrüstung der Bundeswehr.
Guttenberg hatte die Einberufung von Grundwehrdienstleistenden 2011 als damaliger Verteidigungsminister ausgesetzt. Dies wollen vor allem konservative CDU-Politiker in Verbindung mit der allgemeinen Dienstpflicht nun rückgängig machen. Demnach sollen junge Menschen zwischen dem Wehrdienst und sozialen oder ökologischen Diensten wählen können.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg verteidigte dies am Montag als »richtigen Ansatz«. »Die verteidigungs- und sicherheitspolitische Lage erfordert, dass wir eine Armee aus freiwilligen Wehrpflichtigen haben«, sagte er dem NDR. Auch der Vorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff stellte sich hinter die Vorschläge. »Ältere Menschen würden davon profitieren, wenn in Pflegeheimen oder Sozialeinrichtungen wieder mehr junge Helfer zur Hand gehen«, erklärte er in Berlin.
Von der Leyen begrüßt nach Angaben eines Ministeriumssprechers die Debatte, da sie den Blick auf Themen lenkt, »die sowohl für die Gesellschaft eine enorme Bedeutung haben als auch für die Bundeswehr«. Es gehe aber nicht um ein Wiederaufleben der alten Wehrpflicht, betonte der Sprecher. Vordringlich seien für die Ministerin die eingeleitete Modernisierung des Materialparks, moderne Arbeitsbedingungen sowie eine auskömmliche Finanzausstattung der Bundeswehr.
Eine Sprecherin des Innenressorts räumte verfassungsrechtliche Hürden für eine allgemeine Dienstpflicht ein.
Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, äußerte Zweifel. Zwar sei ihm die Grundidee der Wehrpflicht »sympathisch« und deren Aussetzung damals »Hals über Kopf« beschlossen worden, sagte Bartels dem Bayerischen Rundfunk. Ein allgemeiner Pflichtdienst bedeute jedoch »einen ziemlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von jungen Menschen«.
Der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner sagte dem NDR, Personalmangel bei der Bundeswehr oder in sozialen Berufen könne »nicht über einen Zwangsdienst geregelt werden«. Klare Ablehnung kam von der LINKEN. »Statt Millionenbeträge für einen antiquierten Kriegsdienst zu verfeuern, sollte man diese Gelder in das krankende Pflegesystem investieren«, forderte Parteichef Bernd Riexinger in Berlin. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.