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Die Stimmung an der HSV-Basis ist bestens
Mit 3:0 besiegt der Ligakrösus aus Hamburg den Provinzklub Sandhausen
Eine Stunde vor dem Anpfiff bot sich den Besuchern der Sandhäuser Haupttribüne ein skurriler Anblick: Hunderte Fans des HSV versammelten sich innerhalb weniger Minuten 20 Meter vor dem Tribüneneingang und setzten sich für Selfies in Szene. Wer näher kam, sah schnell, welches Hintergrundmotiv es den Hanseaten angetan hatte: Das Ortsschild »Sandhausen, Rhein-Neckar-Kreis« musste festgehalten werden - als Sinnbild für das wohl ungleichste Duell der Zweiten Liga: das zwischen dem frisch abgestiegenen Krösus Hamburger SV und dem ewigen Underdog aus dem Südwesten, der sich nun schon das siebte Jahr in Folge dem Spott der Metropolen ausgesetzt sieht. Drei Stunden später gab es an gleicher Stelle wieder jede Menge Fotoshootings, diesmal mit emporgerecktem Daumen. 3:0 hatte der HSV in Sandhausen gewonnen.
Sollte es auf Hamburger Seite die Befürchtung gegeben haben, dass man sich nach der 0:3-Auftaktniederlage gegen Kiel mit einer zweiten Pleite vollends der Lächerlichkeit preisgeben würde, war die schnell zerstreut. Denn schon nach sieben Minuten führte die Hamburger Mannschaft, die auch die komplette Partie über eine zum Teil erdrückende Überlegenheit auf den Platz brachte und schon nach sieben Minuten in Führung lag: Nach einem schlimmen Abschlag von SVS-Keeper Marcel Schuhen direkt in die Füße von Khaled Narey lief der Hamburger einige Meter mit seinem unverhofften Geschenk und zog ab. Es stand 1:0 für den HSV, der bis zum Schlusspfiff das bessere Team bleiben sollte und schon in der 30. Minute für einen dramatischen Spannungsabfall in der Partie sorgte. Nach einem Freistoß von Douglas Santos war es Innenverteidiger Rick van Drongelen, der unbedrängt das 2:0 köpfen konnte. »Wir haben gar nicht so viel anders gemacht als in der letzten Woche. Und genau wie heute nicht alles perfekt war, war letzte Woche nicht alles schlecht«, sagte der Niederländer.
Allerdings war in der Vorwoche wohl einfach auch der Gegner stärker: Die Mittel des »Ligazwergs« (ein Transparent in der Heimkurve) waren schlichtweg zu begrenzt, um den HSV ernsthaft in Verlegenheit bringen zu können. Felix Müller, der den Ball nicht richtig traf (17.), Kevin Behrens, der den Ball mit voller Wucht genau auf Keeper Julian Pollersbeck drosch (39.) und Fabian Schleusener, der verzog (63.), hatten dabei durchaus Möglichkeiten, zumindest zu verkürzen.
»Das Spiel ist noch nicht entschieden«, rief der Stadionsprecher zur Halbzeit, doch auch er wusste natürlich: Genau das war es sehr wohl. Und das konnte eigentlich auch niemanden überraschen, der die These nicht ganz abwegig findet, dass einen Zusammenhang zwischen dem Saisonetat eines Vereins und der Qualität seines Kaders gibt.
24 000 Dauerkarten hat der HSV vor dieser Spielzeit verkauft, 7000 neue Mitglieder geworben. Zudem verfügt man über einen in etwa vier Mal so hohen Etat wie der Verein aus der 15 000-Einwohner-Stadt - unterschiedliche Dimensionen, die sich auf dem Platz niederschlugen, wo beim HSV das verletzungsbedingte Fehlen von Matti Steinmann und Aaron Hunt gar nicht einmal auffiel - Filip Kostic, der auf Vereinssuche ist, hatte darum gebeten, nicht gen Süden mitfahren zu müssen.
Doch auch ohne die drei hatte man in Lewis Holtby, Pierre-Michel Lasogga, Douglas Santos, Gotoku Sakai und einigen anderen Akteuren noch einige andere Spieler auf dem Platz, die man eher nicht mit Zweitliga-Alltag verbindet. Ein Heimspiel hatten die Hanseaten am Sonntag hingegen nur akustisch, nicht aber zahlenmäßig: Von den 15 000 Zuschauern im ausverkauften Stadion hatte allenfalls ein Drittel Sympathien für den HSV. Es hörte sich allerdings streckenweise so an, als sei das Fan-Verhältnis umgekehrt.
So wie in der 59. Minute, als es auf Hamburger Seite wieder etwas zu feiern gab - und zwar die Doublette des ersten Tores. Wieder verrutschte SVS-Keeper Schuhen ein Abschlag, wieder angelte sich Narey den Ball und wieder hielt sich der Sandhäuser Anhang die Hände vors Gesicht: es stand 3:0 für den HSV, der den Rest der Partie im Trainingsmodus herunterspulte. Sehr zum Ärger von HSV-Coach Christian Titz: »Für meinen Geschmack haben wir danach zu stark runtergefahren.«
Der Freude des sangesfreudigen Anhangs tat das keinen Abbruch. Mit Schmähgesängen auf den Lokalrivalen verbrachten sie die letzten Spielminuten - ein sicheres Zeichen, dass die Stimmung an der HSV-Basis wieder bestens ist.
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