Obdachlos

In São Paulo fehlen über 358 000 Wohnungen

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Einsturz des Hochhauses in São Paulo am 1. Mai hat hohe Symbolkraft. Damit wurde eine Wahrheit der brasilianischen Gesellschaft offenkundig, welche die brasilianische Mittel- und Oberschicht im Zentrum gerne vergisst: In der reichsten Stadt des Landes können sich längst nicht alle auch nur den »Luxus« einer monatlichen Mietzahlung leisten. In São Paulo soll es insgesamt 206 besetzte Gebäude wie das eingestürzte Wilton Paes de Almeida geben. In ihnen wohnen mehr als 45 000 Menschen - in unzumutbaren Verhältnissen. Auf das gesamte Land gesehen benötigen laut dem Brasilianischen Amt für Statistik mehr als 20 Millionen Personen eine Unterkunft. Gleichzeitig stehen über sieben Millionen Objekte leer - fast immer aus spekulativen Gründen.

Alessandra Macedo arbeitet seit über einem Jahr auf dem Platz der Tragödie. Für die Stadt. Ihr Job ist es, an einem Stand für kulturelle Events São Paulos zu werben - mitten in einer Siedlung von Zelten: »Die Stadt will die Leute einfach weghaben, sie wollen ihnen nicht helfen. Sie wollen sie vertreiben und ihnen - wenn überhaupt - 400 Reais als Hilfe anbieten. 400 Reais, das reicht für nichts!«

Der Kampf der Obdachlosen aus dem Gebäude um die 400 Reais (umgerechnet circa 90 Euro) ist kein Kampf um eine Sonderhilfe ob des Einsturzes, 400 Reais sind der normale Satz an Hilfe für Obdachlose aus dem Nothilfe-Programm »Auxílio-Aluguel« der Regierung. Über 30 000 Personen in São Paulo erhalten Hilfe aus diesem Programm - manche bereits seit über zehn Jahren. Die meisten befinden sich auf Wartelisten für Sozialwohnungen. Mit der Zahlung von 400 Reais schiebt die Stadt ein immenses Problem lediglich hinaus. Und die Sozialwohnungen werden an Orten ohne Infrastruktur gebaut, an Orten ohne Hoffnung, weit weg von der Mittel- und Oberschicht im Zentrum. Keine Lösung nirgendwo. lew

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.