Wer überwacht die Überwacher?
Ein Fall aus Bremen zeigt erneut Sympathien eines Polizisten für radikale Rechte
Berlin. Es ist nicht lange her, dass ein ZDF-Fernsehteam bei einer AfD- und Pegida-Demonstration in Dresden von der Polizei bei der Arbeit behindert wurde. Zuvor waren die Journalisten von einem Mann angepöbelt worden, der für das sächsische Landeskriminalamt (LKA) arbeitet. Er verlässt nun den Polizeidienst. Das LKA teilte am Donnerstag mit, der Mann werde »mit seiner Zustimmung bis auf Weiteres eine andere, adäquate Tätigkeit außerhalb der Polizei Sachsen wahrnehmen«.
Die Vorkommnisse hatten eine Diskussion darüber ausgelöst, wie nahe manche Polizisten den rechten Demonstranten stehen. Ein neuer Fall könnte diese Debatte befeuern. Der Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Jan Timke von der rechten Wählervereinigung »Bürger in Wut« hat den Haftbefehl im Fall der tödlichen Messerattacke in Chemnitz rechtswidrig an die Öffentlichkeit gebracht. Die Ermittler durchsuchten am Mittwoch die Wohnung des Mannes in Bremerhaven. Timke hat die Vorwürfe eingeräumt. Wie das Dokument ins Internet gelangt war und weiterverbreitet werden konnte, ist unklar. In Dresden ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen. Der Haftbefehl war unter anderem von der rechtspopulistischen Organisation Pro Chemnitz, einem Abgeordneten der AfD und dem Pegida-Mitbegründer Lutz Bachmann veröffentlicht worden.
Timke ist Bundespolizist. Sein Dienstverhältnis ruht, solange er Abgeordneter ist. Die Verstrickungen der Polizei mit der rechten Szene werfen die Frage auf: Wer überwacht die Überwacher? Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU), der wegen der Vorfälle in Chemnitz unter Druck geraten ist, wird sich in seiner Regierungserklärung am Mittwoch wohl nicht mit dieser Frage beschäftigen. Er hatte sich hinter die Polizei gestellt. avr Seiten 4, 5 und 17
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