- Kommentare
- Rechter Mob in Chemnitz
Kretschmer lernt es nicht
Robert D. Meyer über die Regierungserklärung von Sachsens Ministerpräsidenten
Ich erinnere mich gut, wie mich ein protesterfahrener Kollege am Montagabend vor einer Woche aus Chemnitz anrief und sagte, er überlege, ob er sich von der Berichterstattung über den Nazi-Aufmarsch zurückziehe, weil die Situation ihm zu gefährlich werde. Er ging nicht, im Gegensatz zu anderen Reportern, die sich aus Angst um ihre Gesundheit in ihre Hotels oder Autos flüchteten. Belegt ist aus den letzten Tagen mehrfach: Bei verbalen Drohungen der Rechten blieb es weder in besagter Nacht, noch am letzten Sonnabend während des sogenannten AfD-Schweigemarsches.
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer erdreistet sich dennoch zu behaupten: »Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome.« Würde man die CDU in Schutz nehmen, ginge das vielleicht als Wortklauberei durch. Wenn ein ganzer Nazi-Pulk »Adolf Hitler Hooligans« brüllt, Reporter und Antifaschisten verletzt werden, viel zu wenig Polizeibeamte aus Überforderung Tausende Rassisten gewähren lassen und es Ratschläge an Migranten gibt, die Chemnitzer Innenstadt zu meiden, dann ist es natürlich die wichtigste Aufgabe eines Landesvaters, eine ablenkende Debatte zu starten, die im Subtext sagt: Ganz so schlimm ist das doch alles gar nicht gewesen.
Kretschmers einzig richtige Antwort hätte eine Solidaritätserklärung und bedingungslose Zusammenarbeit mit Sachsens Zivilgesellschaft sein müssen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.