Nord/LB will frisches Geld
Gewerkschaft und Beschäftigte warnen vor möglicher Teilprivatisierung der Landesbank
Ab und zu wird der imposante, gut 80 Meter hohe Turm der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) in Hannover zur Filmkulisse. Dann ist das futuristisch anmutende Gebäude Arbeitsplatz von Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm, die dort Fälle um Mord und Totschlag löst. Ungelöst dagegen ist seit Monaten die Frage, ob das öffentlich-rechtliche Geldhaus teilprivatisiert wird, um seine Kapitalausstattung zu verbessern.
Eine Unsicherheit, die viele dort Beschäftigte bedrückt, zumal ihnen signalisiert wurde: Bis 2020 wird etwa jede fünfte Stelle abgebaut. Dagegen und gegen die Privatisierung des in öffentlicher Hand liegenden Unternehmens demonstrierten am Dienstag etwa 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hannover, unterstützt von der Gewerkschaft ver.di. Sie warnt: Eine privatisierte Bank sei vor allem am kurzfristigen Ertrag interessiert, während die Landesbank in ihrer derzeitigen Gestalt langfristig die norddeutsche Wirtschaft unterstütze und eine wichtige strukturpolitische Rolle spiele.
Die Bank, sie zählt zu den zehn größten deutschen Geldhäusern, gehört zu 59 Prozent dem Land Niedersachsen. Sechs Prozent hält Sachsen-Anhalt, den Rest besitzen Sparkassen. Diese Struktur wird sich verändern, falls die Nord/LB tatsächlich in Teilbereichen an private Investoren verkauft wird. Das ist nicht auszuschließen, denn das Unternehmen will sein Eigenkapital spürbar verstärken, auch als Vorsorge für eine eventuelle Krise. Eine solche hatte die Bank 2016 erlebt, als ihr faule Schiffskredite einen Verlust von 1,96 Milliarden Euro bescherten.
Erst vor wenigen Wochen war der vertrauliche Bericht einer internen Revision ans Licht gekommen, in dem der Nord/LB mangelhaftes Risikomanagement attestiert wird. Das sorgte für Aufregung auf der politischen Ebene. Der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) - zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Landesbank - beeilte sich, das Revisionspapier zu kommentieren: Keinesfalls befinde sich das Geldhaus »im Krisenmodus«. Auch die Bank selbst wiegelte ab, solche Revisionsberichte seien völlig normal.
In der Chefetage denkt man derweil über verschiedene Modelle zur Kapitalstärkung nach, wie einem Halbjahresbericht von Vorstand Thomas Bürkle zu entnehmen ist. Zu den Optionen zählt danach eben eine »Beteiligung externer Investoren«, im Klartext: die teilweise Privatisierung. »Erste Sondierungsgespräche mit potenziellen Investoren sind angelaufen«, erklärte Bürkle. Namen nannte er allerdings nicht.
Bereits im Mai war bekannt geworden, das sich zwei chinesische Banken für die Nord/LB interessieren. Gemunkelt wurde darüber hinaus, dass die US-Finanzinvestoren Cerberus und JC Flowers, die unlängst die skandalgeschüttelte HSH Nordbank in Hamburg gekauft hatten, für einen Deal in Hannover in Betracht kämen.
Die Gewerkschaft ver.di lehnt jegliche Privatisierung ab. Sie fordert, die Nord/LB als öffentliche Bank zu erhalten und »alle Handlungsoptionen« zu diskutieren, die diesem Ziel dienen; »auch die Beteiligung von anderen Landesbanken«. Ein Verkauf würde nicht allein die Beschäftigten der Landesbank treffen. Neben ihnen, so ver.di, gehe es um mehrere Tausend Menschen in Unternehmen, die mit der Nord/LB verbunden sind, zum Beispiel bei der Landesbausparkasse und bei Toto-Lotto Niedersachsen.
Begrüßen würde es die Gewerkschaft, wenn die derzeitigen Träger der Bank deren Kapitalpolster stärken, auch wenn das bei den Aufsichtsbehörden in Brüssel auf Widerstand stoßen werde. Dessen ist sich auch das Land Niedersachsen bewusst. Es wäre wirtschaftlich in der Lage, »seiner« Bank zu helfen. Doch eine solche Unterstützung könnte die Europäischen Union als Subvention für ein eigenes Unternehmen ansehen - und die ist nach den EU-Bestimmungen nicht erlaubt.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.