Jamel: Es bleibt bei Verpachtung an Neonazi

Gemeindevertreter beschließen am Pachtvertrag festzuhalten

In der Sitzung vom gestrigen Dienstag des Gemeinderats in Gägelow wurde für die Beibehaltung des Pachtvertrages für eine Wiese eines mutmaßlich Angehörigen der örtlichen Neonaziszene »Dorfgemeinschaft Jamel« entschieden. Jamel ist ein Ortsteil der Gemeinde Gägelow. Ursprünglich bekannt geworden war die Verpachtung der Wiese während der Polizeieinsatzplanung zu einer Sommersonnenwendfeier von Rechten am 23. Juni 2018.

Vor Ort kämpft das Ehepaar Lohmeyer seit vielen Jahren gegen die Neonazistrukturen und veranstaltet seit nunmehr 12 Jahren das Festival »Jamel rockt den Förster«, das inzwischen bundesweit bekannt ist. Trotz der Verpachtung der Wiese konnte das Festival wie geplant stattfinden. Eine Klausel im Mietvertrag verpflichtet den Pächter das Gelände zur Verfügung zu stellen.

Das Ehepaar Lohmayer warf der Gemeinde vor, ihr jährliches antirassistisches Festival durch die Verpachtung zu gefährden. Für sie zeige die Entscheidung »das fehlende Problembewusstsein der demokratisch gewählten Volksvertreter*innen (u. a. SPD. die LINKE, Freie Wähler).« Für sie sei auffällig gewesen, dass Simone Oldenburg, Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und 3. Bürgermeisterin in Gägelow der Sitzung ferngeblieben war.

Oldenburg hatte sich im Februar bei der Abstimmung enthalten, als es um die Verpachtung der zentralen Dorfwiese von Jamel ging. Bei der aktuellen Sitzung sei sie wegen Krankheit abwesend gewesen, sagt sie auf Nachfrage gegenüber »nd«. Es sei immerhin auf ihre Initiative zurückzuführen, dass über den Pachtvertrag noch einmal verhandelt werde. »Es gibt keinen Grund den Vertrag aufrecht zu erhalten. Daher hat mich das Abstimmungsergebnis enttäuscht.«

Der seit elf Jahren amtierende ehrenamtliche Bürgermeister Uwe Wandel (parteilos) hält nichts von dem Vorwurf des fehlenden Problembewusstseins. Zum einen hätte die Gemeinde in den Jahren viel gegen Rechts getan und unterstützt die Veranstaltung, in dem sie kostenlos Flächen zur Verfügung gestellt hat, agumentiert er gegenüber »nd«. Das Festival in Jamel sei nicht das Einzige in der Region und viele andere solcher Veranstaltungen bekämen von den Gemeinden gar keine Unterstützung.

Jamel war in der Vergangenheit immer wieder in die Schlagzeilen geraten, da sich Neonazis um den Vorbestraften Sven Krüger versucht hatten, in dem Ort gezielt anzusiedeln. Heute leben im Ort 37 Menschen von denen 13 Kinder unter 16 Jahren sind. Zur Sonnenwendfeier reisen allerdings rund 200 Neonazis in den kleinen Ort, wie der Informationsdienst »blick nach rechts« berichtete.

Bereits 2007 erklärte der damals neue Bürgermeister Wandel gegenüber »Spiegel Online«, man habe Jamel aufgegeben. Keine Bank war bereit, Kredite für Bauvorhaben im Ort bereitzustellen, auch die durch den Landkreis und das Land im Jahr 2011 geplanten Vorhaben konnten nie umgesetzt werden. 2015 brannte die Scheune der Lohmeyers vollständig nieder. Es wurde Brandstiftung dahinter vermutet, da es nicht das erste Haus im Ort war, das einem Feuer zum Opfer fiel. Die Überreste der Scheune sind heute ein Kunstwerk und das Festival für Demokratie und Toleranz »Jamel rockt den Förster« wird sicher auch nächstes Jahr wieder stattfinden.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.