Die BVG ist kein Herbergsbetrieb

Nicolas Šustr über Obdachlose in der U-Bahn und den Senat

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Reflex, Sigrid Evelyn Nikutta, Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), als kaltherzige Person abzutun, weil sie Obdachlose nicht mehr in U-Bahnhöfen übernachten lassen will, greift etwas kurz. Seit Jahren klagen BVG-Beschäftigte über die Probleme, die diese Lösung mit sich bringt. Tatsächlich klettert der eine oder andere Übernachtungsgast ins Gleis, um zum Beispiel unter der hervorkragenden Bahnsteigkante etwas mehr Nachtruhe zu haben. Direkt im Tunnel wird sich dann auch gerne mal erleichtert. Und natürlich sind auch öfter mal Alkohol und Drogen im Spiel.

Manche Vorfälle sind für die Beschäftigten einfach nur unangenehm, andere bedrohlich - und hin und wieder ist es für die Übernachtenden lebensgefährlich. Denn auch nachts ist das Herumtapern auf den Gleisen nicht ohne Risiko. Auch während der sogenannten Betriebsruhe können Züge unterwegs sein, die Stromschienen haben Saft.

Letztlich ist die vom Senat gewünschte Öffnung mancher Bahnhöfe für Obdachlose im Winter eine Notlösung für jene, die keinen Platz mehr in den Notübernachtungen gefunden haben, oder die keinen Einlass finden, weil sie zu sehr unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen oder zu oft Streit gesucht hatten. Damit wurde ein Problem, dass eigentlich die zuständigen Senatsverwaltungen und die Bezirke regeln müssten, an die BVG delegiert. Zumindest für eine ernsthafte Betreuung müsste der Senat sorgen, wenn er schon nicht in der Lage ist, adäquate Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten. Die BVG hatte lange geschwiegen, auch weil allen die schwierige Lage der Obdachlosen bewusst ist.

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