Der Ginkobaum ersetzt den Ahorn

Bayerns Städte und Kommunen reagieren mit Anpassungskonzepten auf den Klimawandel

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 4 Min.

Für Anneliese S. war es in diesem Sommer zu viel. »Ich halte diese Hitze nicht mehr aus«, stöhnte die 64-jährige Münchnerin, als im August das Thermometer auf ihrem Balkon locker über 36 Grad kletterte. Deutschland litt wochenlang unter einer enormen Hitze.

Experten glauben, dass der Klimawandel sich weiterhin in sehr heißen Sommern bemerkbar machen wird. Bayerns Städte und Kommunen sind dabei, sich dem Wandel anzupassen. So durch das Forschungsprojekt »Stadtgrün 2021« unter der Regie der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau im fränkischen Veitshöchstheim. Deren Motto lautet: »Neue Bäume braucht das Land!« Es geht es um den Austausch heimischer Pflanzen durch widerstandsfähigere Gewächse. Denn einige der gängigen Stadtbaumarten leiden immer stärker unter heißeren Sommern und neu eingewanderten Schädlingen und Erkrankungen. Oft genügen sie dann den ästhetischen Ansprüchen an einen Straßenbaum nicht mehr, werden zur Gefährdung oder sterben gänzlich ab. So werden nun in Würzburg, Hof und Kempten (sie stehen für drei verschiedene Klimazonen in Bayern) »zukunftsträchtige« Baumarten aus dem (süd-)osteuropäischen, asiatischen und nordamerikanischen Raum angepflanzt, um zu sehen, ob sich diese Bäume besser gegen den Klimawandel behaupten können.

Ergänzend dazu existiert seit 2010 das bayerische Netzwerk »Klimabäume«, bei dem in 27 Kommunen robuste Baumarten gepflanzt werden. Neben Coburg, Deggendorf und Augsburg ist auch Ingolstadt dabei. »Bei uns merkt man, dass es für die Straßenbäume immer schwieriger wird, sich den klimatischen Veränderungen anzupassen«, sagte Renate Preßlein-Lehle, Ingolstadts Referentin für Stadtentwicklung, 2017 anlässlich eines Symposiums zur Zukunft der Bäume. So werden in Ingolstadt durch das Gartenbauamt jetzt neue Baumarten gepflanzt - unter anderem 35 Hopfenbuchen in einem Gewerbepark. Während heimische Arten wie Birken, Linden oder Ahorn die Hitze nicht gut überstehen und nicht mehr austreiben, sollen die Versuchsbäume zeigen, ob sie besser mit hohen Temperaturen zurechtkommen. Zu den neuen Bäumen gehören die Silberlinde aus Südosteuropa, der Ginkobaum aus Asien oder der Amberbaum aus Nordamerika.

Das Pflanzenprogramm ist freilich nur ein kleiner Ausschnitt aus diversen Konzepten zur Anpassung von Stadt und Mensch an das Klima der Zukunft. Bayerns Landeshauptstadt München etwa entwickelt seit 2013 unter der Federführung des Referats für Gesundheit und Umwelt ein Maßnahmenkonzept. Ausgegangen wird dabei von einem Anstieg der Durchschnittstemperatur, einer Zunahme der Hitzehöhepunkte sowie einer Zunahme der heißen Tage und der Nächte mit über 20 Grad Celsius. Erwartet wird auch die Zunahme heftiger Regenfälle. 2016 hat Münchens Stadtrat einen Maßnahmenkatalog zur Anpassung der Stadt an das veränderte Klima beschlossen. So sollen das Thema in die Stadtplanung einbezogen, Grünflächen erhalten und ausgebaut und mit widerstandsfähigen Stadtbäumen ausgestattet werden. Für Privatgrundstücke soll es Fördermittel geben. Dächer sollen begrünt werden. Öffentliche Plätze und Fußgängerzonen sollen Trinkbrunnen bekommen und die Bevölkerung mit Verhaltenstipps versorgt werden. Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Krankenhäuser und Altenheime sollen daraufhin geprüft werden, wie mit baulichen Veränderungen auf den Klimawandel reagiert werden kann.

Nürnberg hat ein »Handbuch Klimaanpassung« herausgegeben. Im Vorwort heißt es: »Neben dem Klimaschutz müssen sich besonders Großstädte wie Nürnberg zukünftig verstärkt auch mit den Folgen der zu erwartenden klimatischen Veränderungen auseinandersetzen. Dabei geht es unter anderem um die Fragen, wie sich das Stadtklima in den nächsten 50 bis 100 Jahren entwickelt, wie Gesundheit und Lebensqualität davon beeinflusst werden und wer von diesen Veränderungen besonders betroffen sein wird.« Insofern gelte es, Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln, die »vorsorgend ergriffen werden müssen, damit die Ansprüche an Leben und Arbeiten in der Stadt auch zukünftig erfüllt werden können«. Dabei wird zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung unterschieden. Bei Erstem geht es um Vermeidung oder Abschwächung von CO2-Ausstößen, bei Zweitem wird konstatiert, dass der Wandel eingetreten ist und es um Maßnahmen zum Schutz von Mensch und Natur geht. Hier geht es darum, die Grünflächen zu erhalten und auszubauen, erfüllen sie doch eine »klimatische Ausgleichsfunktion«. Oder darum, durch öffentliche Brunnen trinkbares Wasser für die Bevölkerung bereitzustellen.

Solche Anpassungsstrategien der Kommunen sind durch Konzepte auf Bundes- und Landesebene gestützt. So wurde bereits 2008 von der Bundesregierung die »Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel« beschlossen, die 2009 mit der »Bayerischen Klimaanpassungsstrategie« auf Landesebene konkretisiert wurde.

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