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Ein Friedenszeichen aus Pjöngjang
Nord- und Südkorea vereinbaren das Ziel einer nuklearwaffenfreien koreanischen Halbinsel
Die Reaktion auf die ersten Ergebnisse des Gipfels in Pjöngjang kamen prompt, wie gewohnt mit sehr begrenzter Zeichenanzahl. Nachdem Südkoreas Präsident Moon Jae In auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un am Mittwochmorgen in Pjöngjang sagte, man sei übereingekommen, »der koreanischen Halbinsel die Kriegsangst zu nehmen«, reagierte US-Präsident Donald Trump noch am späten Dienstagabend im zeitversetzten Washington und twitterte: »Kim Jong Un hat zugestimmt, nukleare Inspektionen zu erlauben, vorbehaltlich der abschließenden Verhandlungen, und eine Teststätte und eine Startrampe in Anwesenheit von internationalen Experten dauerhaft abzubauen.« In einem zweiten Tweet zeigte sich der US-Präsident angesichts der Ankündigung von Moon und Kim, eine gemeinsame Olympiabewerbung für die Spiele 2032 abzugeben, begeistert.
Moon Jae In hat damit schon am zweiten Tag des dreitägigen Gipfels sein erklärtes Ziel erreicht, die stockenden Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea wieder anzukurbeln. Bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 27. September in New York will er Trump persönlich über die Bereitschaft Kims informieren, das Raketentestgelände Tongchang-ri aufzugeben, den Kernreaktor Yongbyon zu demontieren und das alles von unabhängigen Experten beobachten zu lassen - ein Entgegenkommen Nordkoreas, das sich Jahrzehnte lang gegen diese Forderungen gestemmt hatte. In New York wird er Trump allerdings zugleich erklären müssen, dass Washington sich ebenfalls bewegen müsste. Denn Kim erwartet, dass die USA im Gegenzug »äquivalente Maßnahmen ergreifen«, wie Moon in Pjöngjang sagte.
Aber auch unabhängig von der möglichen Annäherung zwischen Nordkorea und den USA haben Moon und Kim Beachtliches erreicht. Nicht nur auf persönlicher Ebene, auf der Kim eine Einladung nach Seoul für ein weiteres Treffen annahm - womit er der erste nordkoreanische Machthaber sein könnte, der nach Südkorea reist. Auch auf der Arbeitsebene wurden Fortschritte vereinbart. Demnach soll ein gemeinsames Komitee gebildet werden, das helfen soll, unabsichtliche bewaffnete Konflikte zu vermeiden. Zusammen mit den anwesenden Verteidigungsministern wurden Pufferzonen entlang der Land- und Seegrenzen der beiden Koreas vereinbart, in denen keine Artillerieübungen mehr abgehalten werden sollen. Außerdem sollen auf beiden Seiten je elf Grenzwächter abgezogen werden. Über der Grenze solle eine Flugverbotszone eingerichtet werden, die für Flugzeuge, Helikopter und Drohnen gilt.
Auf wirtschaftlicher Ebene vereinbarten Moon und Kim, dass die Wiedereröffnung des gemeinsamen Industrieparks in Kaesong vorbereitet werden soll. Die Fertigungsstätte, die bis vor zwei Jahren 50 000 Nordkoreanern Arbeit bot, kann den Betrieb allerdings vorerst nicht aufnehmen - dazu müssten erst die UN-Sanktionen gegen Nordkorea aufgehoben werden.
Für die während des Koreakrieges 1950 bis 1953 getrennten Familien haben Moon und Kim ebenfalls Vereinbarungen getroffen. So sollen unter der Schirmherrschaft des Roten Kreuzes Einrichtungen eröffnet werden, die regelmäßige Videotelefonkontakte ermöglichen. Später will man zudem einen permanenten Treffpunkt in dem von Südkorea aufgebauten Touristendomizil am Berg Mumgang im Norden eröffnen. Das Domizil ist seit 2008 unbenutzt, nachdem ein südkoreanischer Tourist von einem Soldaten des Nordens aus ungeklärten Gründen erschossen wurde.
Wie in der Vergangenheit schon mehrfach erfolgreich erprobt, soll auch der Sport für eine weitere Annäherungen der beiden Koreas dienen. Bei den kommenden Olympischen Spiele 2020 in Tokyo plant man ein gemeinsames koreanisches Team. Im Frühjahr hatte die kurzfristige Teilnahme nordkoreanischer Athleten in einem gesamtkoreanischen Team bei den Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang die rapide Annäherung zwischen den beiden Ländern eingeleitet. Die soll nun mit der Bewerbung für eine gemeinsame Ausrichtung der Olympischen Spiele 2032 noch übertroffen werden. 20 Jahre sollten reichen, um die gegenwärtig strikt geschlossene Grenze zu öffnen. Davon träumt Südkoreas Präsident Moon schon lange - und mit der Ankündigung, mit Planungen zur Verknüpfung der Eisenbahnnetze im Norden und im Süden zu beginnen, kommt er dem Ziel einen Schritt näher.
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