Ein »Frühstücksdirektor« namens Maaßen

Bisheriger Verfassungsschutzchef wird Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium / Riexinger: »Dieses Postengeschacher versteht kein Mensch«

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Berlin. Nach tagelangem Streit haben sich die Koalitionsspitzen auf eine Versetzung von Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen ins Bundesinnenministerium geeinigt. Maaßen soll dort Sonderberater im Rang eines Abteilungsleiters werden und genauso viel verdienen wie bisher. Somit ist die ursprünglich geplante Beförderung Maaßens zum Innenstaatssekretär mit höheren Bezügen vom Tisch. Ein Bruch der Koalition wegen der Personalie scheint abgewendet. Mit Spannung werden die Reaktionen in der SPD erwartet, deren Führungsgremien am Montag zusammenkommen. FDP, Grüne und LINKEN kritisierten den Kompromiss scharf.

Die SPD-Linke signalisierte bereits Zustimmung zu dem Kompromiss. SPD-Vize Ralf Stegner sagte der dpa: »Das ist in dieser Angelegenheit eine gute Lösung.« Die Bedingungen der SPD seien erfüllt. Auch Bayerns SPD-Chefin Natascha Kohnen begrüßte die Einigung der Koalition. »Hans-Georg Maaßen wird als Chef des Verfassungsschutzes abgelöst und er wird nicht befördert. Das musste erreicht werden und ist nun erreicht«, schrieb sie am Sonntagabend auf Twitter.

Die linken SPD-Politiker Matthias Miersch und Hilde Mattheis bezeichneten die Lösung im Streit um den bisherigen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen als »akzeptable Entscheidung«. Maaßen sei nicht befördert worden, betonte Miersch, der Chef der Parlamentarischen Linken im Bundestag, am Montag im ZDF-»Morgenmagazin«.

Die Bundestagsabgeordnete Mattheis sprach im SWR2-Tagesgespräch allerdings auch von einem »Trauerspiel« im Hinblick auf den tagelangen Streit um Maaßen. »Aber trotzdem: Sonderbeauftragter, keine Gehaltsstufe höher, keine Belohnung, das ist ja nun mal ein Ergebnis, mit dem kann man einigermaßen leben.« Zur Rolle Seehofers in der großen Koalition sagte Miersch: »Meine Hoffnung ist die Bayernwahl. Ich hoffe, er wird danach nicht mehr Parteichef sein.«

Linkspartei, FDP und Grüne übten dagegen deutliche Kritik. »Merkel und Nahles sind offenbar begriffsstutzig. Dieses Postengeschacher versteht kein Mensch«, schrieb LINKEN-Chef Bernd Riexinger bei Twitter. »Es geht im Fall Maaßen nicht nur um die Gehaltserhöhung. Der Mann verbreitet aus höchster Position rechte Fake-News und sollte daher kein öffentliches hohes Amt mehr bekleiden.«

»Es wird der Posten eines Frühstücksdirektors geschaffen«, schrieb FDP-Chef Christian Lindner. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt schrieb: »Und Maaßen bleibt. Das schafft wieder neue Probleme. Es bleibt der, der das Parlament bei Amri belogen hat, der die AFD coacht und rechte Verschwörungstheorien verbreitet.«

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Seehofer hole »einen AfD-Berater in die Regierung«. Union und SPD hätten mit »dem peinlichen Schmierentheater« um Maaßen »viel Glaubwürdigkeit und Vertrauen verspielt«.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann mahnte eine grundlegende Änderung der Arbeitsweise der Koalition an. »Ich finde, jetzt muss endlich mal Schluss sein«, sagte der CDU-Politiker im ZDF. Nötig sei ein neuer Arbeitsmodus. »Ansonsten erleben wir in vier Wochen wieder einen Streit.«

Staatssekretär Gunther Adler kann bleiben

Die nun erzielte Einigung sieht vor, dass Maaßen im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig werde, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntagabend nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chefin Andrea Nahles in Berlin. Seine Besoldung bleibe unverändert. Die früheren Pläne hatten vorgesehen, dass für Maaßen der bisherige Staatssekretär Gunther Adler weichen muss. Der SPD-Mann solle nun im Grundsatz unverändert seine Zuständigkeit für Bau behalten, versicherte Seehofer.

Am Dienstag hatten sich Merkel, Seehofer und Nahles noch darauf verständigt, dass Maaßen Innenstaatssekretär werden soll. Die SPD hatte nach relativistischen Äußerungen Maaßens zu rechten Ausschreitungen in Chemnitz dessen Ablösung verlangt. In der SPD hatte die geplante Beförderung eine Welle der Empörung ausgelöst. Auch in CDU und CSU hatte sie für Unverständnis gesorgt. Nahles hatte am Freitag daraufhin neue Gespräche gefordert.

»Ich möchte mich ausdrücklich bei Angela Merkel und Horst Seehofer bedanken, dass sie meine Initiative aufgegriffen haben«, sagte Nahles am Abend. Die neue Lösung sei ein gutes Signal, »dass die Koalition in der Lage ist, die öffentliche Kritik ernst zu nehmen und sich selbst zu korrigieren«. Maaßen werde abberufen, seine Tätigkeitsbereiche würden nichts mit dem Verfassungsschutz zu tun haben, befördert werde er nicht, Adler bleibe. »Insgesamt ist die Grundlage gelegt, dass wir jetzt wieder zur Sacharbeit zurückkehren.« Die Regierung solle wieder in gutes Fahrwasser kommen. »Darauf hoffe ich«, sagte Nahles.

Die Finanzierung von Maaßens neuer Stelle werde aus dem Haushalt seines Ministeriums erwirtschaftet, sagte Seehofer. »Zusätzliche Mittel sind nicht erforderlich.« Maaßens neuer Posten werde unmittelbar beim Bundesminister angesiedelt. Zuständig sein werde er unter anderem für die Aushandlung von Abkommen für Abschiebung von Asylsuchenden, die gemeinsame europäische Sozialpolitik und Vereinbarungen mit afrikanischen Staaten in der Flüchtlingspolitik.

Schon kurz nach dem Spitzentreffen wurde eine völlig unterschiedliche Darstellung der Vorgeschichte deutlich. Seehofer sagte: »So wie der Vorschlag jetzt vorgelegt und beschlossen worden ist, ist er schon mal in der Runde der drei Parteivorsitzenden besprochen worden.« Nahles bestritt dies. Es sei komplett falsch, dass Seehofer die jetzt gefundene Lösung schon beim Treffen am Dienstag angeboten habe, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Seehofer schloss sich nicht einer Einschätzung von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer an, die in einer am Donnerstag bekannt gewordenen Mail an die Parteimitglieder geschrieben hatte, die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Regierung wegen Maaßen habe konkret im Raum gestanden. »Bei all den Besprechungen, die ich geführt habe, war dies zu keinem Zeitpunkt ein Thema«, sagte Seehofer. Niemand habe dabei einen Bruch angedroht. Agenturen/nd

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