Vom Geheimdienstchef zum Abschottungs-Berater

Hans-Georg Maaßen wird nicht zum Staatssekretär befördert - dafür soll er Innenminister Seehofer bei Flüchtlingsabkommen mit Drittstaaten unterstützen

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Streit um den umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen haben sich die Spitzen der Großen Koalition bei Nachverhandlungen auf einen Kompromiss geeinigt: Der bisherige Chef des Inlandsgeheimdienstes wird kein Staatssekretär, sondern wechselt als »Sonderberater, zuständig für europäische und internationale Aufgaben« ins Bundesinnenministerium, wie Ressortchef Horst Seehofer nach Beratungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chefin Andrea Nahles am Sonntag mitteilte.

Der Einigung zufolge wird Maaßen seine bisherigen Bezüge der Besoldungsstufe B9 behalten und künftig den Rang eines Abteilungsleiters haben. »Herr Maaßen wird nicht befördert«, erklärte Nahles. Seehofer fügte hinzu, dass die fünf verbeamteten Staatssekretäre in seinem Ministerium im Grundsatz ihre Aufgabenbereiche behalten würden.

SPD-Mitglied und Staatssekretär Gunther Adler, der nach der ursprünglichen Einigung der Koalitionsspitzen Maaßen hätte weichen sollen, bleibt nach Angaben von Nahles damit im Amt. Maaßens künftiger Tätigkeitsbereich werde »nichts mit dem Verfassungsschutz zu tun haben«, fügte sie hinzu.

Zu Maaßens künftigen Aufgaben wird nach Seehofers Worten die Rückführung von Asylbewerbern, eine gemeinsame europäische Sozialpolitik und die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten in der Flüchtlingspolitik gehören. In diesem Bereich gebe es »zusätzlichen Handlungsbedarf«, sagte Seehofer.

Maaßen wird also voraussichtlich für das Aushandeln von Abkommen mit Drittstaaten zuständig sein, in denen die Rückführungen von Flüchtlingen geregelt werden. Dazu trägt er fortan die Mitverantwortung für Abkommen mit afrikanischen Staaten, die »Grenzschutz« und mögliche Auffanglager für Migranten und Schutzsuchende fördern sollen. Der ehemalige Geheimdienstchef wurde demnach mit der Aufgabe betraut, die Abschottungspolitik Deutschlands und der Europäischen Union zu stärken.

Arbeit gibt es in diesem Bereich genug. Die EU strebt nach den Worten von Merkel derzeit Flüchtlingsabkommen mit nordafrikanischen Staaten an, ähnlich wie mit der Türkei. Man sei sich innerhalb der EU-Mitglieder einig, die Verhandlungen mit Ägypten, aber auch mit Tunesien, Marokko sowie Libyen zu intensivieren, sagte Merkel jüngst nach dem Abschluss eines zweitägigen informellen EU-Gipfels im österreichischen Salzburg.

Auch eine Aufstockung von Frontex und eine mögliche Ausweitung des Mandats der »Grenzschutzagentur« sind laut der Kanzlerin auf dem Gipfel positiv behandelt worden. Mit Fragen der Verteilung von Flüchtlingen in Europa habe man sich eher weniger befasst, da klar gewesen sei, dass es hier keine Resultate geben werde. Maaßens Aufgabengebiet wird sich somit vermutlich eher auf nationalen wie europäischen »Grenzschutz« anstatt auf Fragen der innereuropäischen Flüchtlingsverteilung fokussieren.

Die neue Verwendung des Spitzenbeamten stößt in der Opposition auf Kritik. »Hans-Georg Maaßen, der für den Inlandsgeheimdienst zuständig war und diese Aufgabe wegen Verfehlungen nicht mehr wahrnehmen darf, koordiniert jetzt Beziehungen zu ausländischen Diensten«, erklärte Dietmar Bartsch, der Vorsitzende der Linksfraktion. »Das ist absurd, das versteht kein Mensch.« Nahles zeigte sich dagegen zufrieden mit dem Kompromiss. »Es ist ein gutes Signal, dass die Koalition in der Lage ist, die Kritik ernst zu nehmen und sich selbst zu korrigieren«, teilte die SPD-Chefin mit.

Die für Maaßens Stelle notwendigen Gelder sollen aus bereits existierenden Ressourcen des Bundesinnenministeriums bezogen werden. »Zusätzliche Mittel sind nicht erforderlich«, erklärte Seehofer. Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte an, die gefundene Lösung »zügig und zeitnah« umzusetzen. Mit Agenturen

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.