Geheimnis um Nackte enthüllt
Courbet-Gemälde
Eines der größten Geheimnisse der Kunstgeschichte ist gelüftet: die Identität der Frau, deren unverhüllte Scham der französische Maler Gustave Courbet in seinem Meisterwerk »Der Ursprung der Welt« (»L’Origine du monde«) zur Schau stellt. Die 34 Jahre alte Tänzerin Constance Quéniaux stand dem Künstler Modell für die realistische Darstellung einer Vulva, wie der französische Literaturwissenschaftler Claude Schopp nun in einem Buch enthüllt hat.
Die frühere Tänzerin der Pariser Oper Quéniaux war nach Angaben Schopps eine der Mätressen des türkisch-ägyptischen Diplomaten Khalil-Bey. In dessen Auftrag malte Courbet 1866 sein weltberühmtes Ölgemälde. Der Forscher Schopp stieß durch puren Zufall auf die Identität des Modells, als er einen bisher nicht beachteten Brief des Schriftstellers Alexandre Dumas des Jüngeren auswertete.
Zuvor zirkulierten in der Kunstwelt die Namen diverser anderer Frauen als mögliches Modell für den »Ursprung der Welt«, die aber aus verschiedenen Gründen nicht überzeugten - etwa der von Jeanne de Tourbey, einer weiteren Mätresse des türkischen Diplomaten Khalil-Bey. Allerdings hatte sie einen zu hohen gesellschaftlichen Rang, um Modell gestanden zu haben.
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Constance Quéniaux hatte dagegen schwarze Haare und »schöne schwarze Augenbrauen«, wie Opernkritiker lobten. Das bestätigen auch historische Fotos der Tänzerin in der französischen Nationalbibliothek. Warum wurde ihr Name dann nicht früher genannt? »Es war ein gut gehütetes Geheimnis«, sagt Expertin Sylvie Aubenas. Dumas habe es in seinem Brief an die Schriftstellerin George Sand verraten, weil er Courbet nicht gemocht habe.
Courbets naturgetreue Darstellung einer Vulva macht immer wieder Schlagzeilen: Ein französischer Lehrer führt einen Prozess gegen Facebook, weil das soziale Netzwerk sein Konto sperrte, nachdem er dort das Bild hochgeladen hatte. Die französische Post weigerte sich 2014, Courbets Bild auf einer Briefmarke nachzudrucken, da es Kinder verstören könne. Kunstliebhaber können sich das Original im Pariser Musée d’Orsay anschauen. AFP/nd
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