- Politik
- Pro-Staatsbankett
Europa der Türkei wieder schmackhaft machen
Andreas Fritsche findet, die Bundesrepublik sollte sich ruhig an diplomatische Gepflogenheiten halten
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan muss doch etwas zu essen bekommen. Sonst knurrt auch noch sein Magen. Wem wäre damit geholfen? Bei allem Verständnis für Linke und Grüne, die ihre Einladung zum Staatsbankett ausschlugen, weil sie so ein Bankett geschmacklos finden - es gehört zu den diplomatischen Gepflogenheiten. Bekämen nur lupenreine Demokraten etwas Ordentliches vorgesetzt, dann bliebe die Küche im Schloss Bellevue sehr oft kalt. Ob ein Bankett einem Staatschef in der Heimat einen nennenswerten Prestigegewinn verschafft, ist fraglich.
Dass für Erich Honecker 1987 in Bonn kein Staatsbankett aufgetischt wurde, dass ihn der Bundeskanzler mit einem als feierliches Abendessen bezeichneten Termin abfrühstückte, hat Honecker nicht gehindert, seinen Staatsbesuch in der Bundesrepublik als Erfolg für sich und seine DDR zu verbuchen. Das nutzte ihm dann aber auch nichts. Auf einem Höhepunkt internationaler Anerkennung sackte der Rückhalt in der Bevölkerung auf einen Tiefpunkt. Die Bürger wollten lieber selbst reisen, als ihrem Staatschef im Fernsehen dabei zuzuschauen.
Erdogan leidet nicht unter Minderwertigkeitskomplexen. Er benötigt kein Bankett. Wird ihm eins verweigert, verdirbt das aber vielen Türken in Deutschland den Appetit. Sie nehmen das persönlich und verehren Erdogan nur noch mehr als Held. Symbolpolitik hilft wenig.
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