LINKE warnt vor Zugeständnissen an Erdogan

Dagdelen: »Regime nicht weiter stabilisieren« / Fraktionschefin Sahra Wagenknecht wirft türkischem Präsidenten Unterstützung von Terrorgruppen vor

  • Lesedauer: 3 Min.

Mainz. Vor dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland hat die LINKEN-Politikerin Sevim Dagdelen vor Zugeständnissen an die Türkei gewarnt. Solange der EU-Beitrittskandidat Türkei nicht den Weg der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einschlage und weiterhin zehntausende politische Häftlinge, auch Deutsche, in dem Land im Gefängnis säßen, dürften »keine Zugeständnisse« gemacht werden, sagte Dagdelen am Donnerstag im ZDF-»Morgenmagazin«. »Ich warne davor, das Regime Erdogan weiter zu stabilisieren.«

Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage in der Türkei und auch wegen der angespannten Beziehungen mit den USA stehe Erdogan mit dem Rücken »an der Wand«. Er brauche Deutschland und die Europäische Union an seiner Seite und habe deswegen »Kreide gefressen«, sagte Dagdelen.

Die LINKEN-Politikerin verteidigte erneut ihre Absage zur Teilnahme am Staatsbankett für Erdogan am Freitagabend im Schloss Bellevue. Ein Staatsbankett und ein Empfang mit militärischen Ehren seien nicht der Ort für Dialog und offene Gespräche, sagte sie.

Die Fraktionschefin der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, hat dem türkischen Präsidenten kurz vor seinem Deutschlandbesuch die Unterstützung von Terrorgruppen vorgeworfen. »Präsident Erdogan und seine Regierung kooperieren mit islamistischen Terrorbanden«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. In Syrien würden solche Organisationen von der Türkei hochgerüstet. »Das ist natürlich eine beängstigende Entwicklung«, sagte Wagenknecht. »Das zeigt, wes Geistes Kind dieses Regime ist.«

Die Türkei hat im Syrien-Krieg die islamistischen Gruppen Failak al-Scham und Ahrar al-Scham unterstützt, die aber gemeinhin nicht als Terrorgruppen eingestuft werden. Die Al-Kaida-nahe Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hat in der Vergangenheit zumindest militärische Absprachen mit der Türkei gehabt, wurde aber von Ankara selbst vor Kurzem auf die Terrorliste gesetzt.

Erdogan trifft am Donnerstagmittag zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Berlin ein und wird türkischen Medienberichten zufolge zunächst mit Vertretern von türkischen Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen zusammenkommen. Am Freitagmorgen wird er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit militärischen Ehren im Schloss Bellevue empfangen. Am Freitagmittag ist ein erstes Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant.

Nach dem Staatsbankett am Freitagabend wird Erdogan sich am Samstagmorgen zum Frühstück erneut mit Merkel treffen. Anschließend reist er weiter nach Köln, wo er im Stadtteil Ehrenfeld die neue Zentralmoschee des Moscheeverbands Ditib einweihen will.

»Ich halte es für richtig, den Dialog aufrechtzuerhalten«, sagte LINKE-Fraktionschefin Wagenknecht. »Aber es ist völlig absurd, jemanden, der im eigenen Land die Demokratie abbaut und eine islamistische Diktatur errichtet, mit dem roten Teppich und allen Ehren zu empfangen. Damit stärkt man Erdogan den Rücken.«

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Eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und Türkei ist für Wagenknecht nicht absehbar. »Eine Normalisierung kann es nur geben, wenn sich die Verhältnisse in der Türkei normalisieren«, sagte sie. »Wenn man jetzt ernsthaft wahrnehmen würde, dass Erdogan seinen Kurs korrigiert, dass Regimekritiker freigelassen werden, dass es nicht zu weiteren Verhaftungen und Verfolgungen kommt, dann wäre es sicherlich auch angebracht, das Verhältnis wieder zu normalisieren.« In Berlin und Köln sind nach Polizeiangaben mehrere Demonstrationen gegen Erdogan geplant. Die Polizei ist mit mehreren tausend Kräften im Einsatz. Agenturen/nd

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