Geschichte eines Namensstreits
Griechenland pocht exklusiv auf das hellenische Erbe
Kaum ein Mensch weiß, dass Mazedonien bis heute offiziell »Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien« heißt. Der Grund dafür liegt in dem Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien, der wiederum seinen Ursprung in dem jugoslawischen Zerfallsprozess hat.
Als Mazedonien noch Teilrepublik des multiethnischen Jugoslawiens war, hatte Griechenland keine Vorbehalte gegen den Namen. Dies änderte sich mit der mazedonischen Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1991. Seitdem befürchtet Athen mögliche Gebietsansprüche auf die griechische Region Makedonien. Die Idee eines slawischen »Großmazedoniens« steht im Widerspruch zum griechischen Nationalstaatsgedanken. Dieser beansprucht seit dem frühen 19. Jahrhundert exklusiv das Recht auf das antike hellenische Erbe und schließt die historische Region Makedonien explizit ein. Die Verwendung hellenischer Symbole und Namen auf Seiten des mazedonischen Staates führte soweit, dass Athen dem Land die diplomatische Anerkennung verweigerte.
Obwohl Mazedonien ein Jahr nach der Unabhängigkeit offiziell auf Gebietsansprüche verzichtete, eskalierte der Konflikt im Jahr 1994/1995, als Griechenland ein Wirtschaftsembargo gegen Mazedonien verhängte. Zwar wurden beide Staaten von den Vereinten Nationen aufgefordert, eine friedliche Einigung im Namenskonflikt zu finden. Allerdings blockiert Athen bis heute den angestrebten Beitritt des Landes zur NATO und der Europäischen Union. Auch in den vergangenen Jahren kam es aufgrund der konkurrierenden historischen Tradition zu Konflikten. Vorhaben der mazedonischen Regierung, den Flughafen von Skopje nach Alexander dem Großen zu benennen, oder der Bau einer pompösen Alexanderstatue sorgten für politischen Zündstoff.
Seit diesem Sommer scheint der jahrzehntelange Streit jedoch sein Ende gefunden zu haben. Trotz massiver gesellschaftlicher Proteste einigten sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein mazedonischer Amtskollege Zoran Zaev im Juni auf die Ergänzung des Staatsnamens Mazedonien um die geografische Bezeichnung Republik »Nord«Mazedonien.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.