Ex-Ministerin will in den Landtag
Diana Golze (LINKE) möchte als Direktkandidatin 2019 ihren Heimatwahlkreis 4 gewinnen
Als Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) Ende August die politische Verantwortung für den Lunapharm-Skandal übernahm und zurücktrat, da gab es von Genossen Reaktionen wie diese: »Bitte komm bald zurück. Wir brauchen dich.«
Und sie kommt zurück. Wie »nd« erfuhr, will Golze bei der Landtagswahl am 1. September 2019 antreten. Sie hat sich vorgenommen, den westbrandenburgischen Wahlkreis 4 zu gewinnen. »Wir haben ein Direktmandat zu verteidigen«, bestätigte Golze am Donnerstag ihre Absicht.
Dreimal in Folge hatte Christian Görke diesen Wahlkreis für die Sozialisten geholt. Gemäß den Regularien der Partei zur Trennung von Amt und Mandat verzichtete er auf seinen Sitz im Parlament - das erste Mal, nachdem er Anfang 2014 Finanzminister geworden war, und das zweite Mal, nachdem er nach der Landtagswahl im September 2014 wieder zum Finanzminister ernannt wurde. 2019 hätte Görke seinen alten Wahlkreis gern verteidigt. Er gibt ihn aber nun an Golze ab und möchte sich einen anderen Wahlkreis suchen.
Diana Golze wollte ohnehin für den Landtag kandidieren. Sie war sogar als Spitzenkandidatin im Gespräch. Spitzenkandidatin wird sie nun nicht, sagt sie. Das will sie sich und ihrer Partei nicht zumuten. Denn es bestünde die Gefahr, dass dann im Wahlkampf immer wieder nur über das eine Thema gesprochen wird - den Pharmaskandal. »Das möchte ich nicht, das möchte meine Partei nicht.«
Zur Erinnerung: Die Lunapharm GmbH mit Sitz in Blankenfelde-Mahlow hat nach bisherigen Erkenntnissen über Jahre hinweg in Griechenland gestohlene und möglicherweise unwirksame Krebsmedikamente an deutsche Apotheken geliefert. Das Landesgesundheitsamt reagierte auf Hinweise zu diesen kriminellen Machenschaften zunächst nicht angemessen. Die Ministerin wurde nicht in Kenntnis gesetzt. Insofern trifft sie keine Schuld an den Versäumnissen. Sie übernahm dennoch die politische Verantwortung, nicht zuletzt auch für die ungenügende Personalsituation in der Medikamentenaufsicht. Sie trat zurück. Landesvorsitzende ihrer Partei ist die 43-Jährige aber geblieben.
Als Spitzenkandidatin hätte sie im Wahlkampf durch das gesamten Bundesland ziehen und überall auftreten müssen. Anders liegen die Dinge nun bei einer Direktkandidatur im Wahlkreis 4. Zu diesem Wahlkreis gehören Teile der Landkreise Havelland und Ostprignitz-Ruppin, darunter die Städte Rathenow und Premnitz. Hier kennt sich Golze aus, hier in Rathenow lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Bevor Diana Golze Ende 2014 brandenburgische Sozial- und Gesundheitsministerin wurde, saß sie im Bundestag - und da gehörte Rathenow auch schon zu ihrem Wahlkreis.
Dort in ihrer Heimat habe sie nach ihrem Rücktritt als Ministerin sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, dort sei sie bestärkt worden, erzählt Golze. »Die Leute hier verbinden mehr mit mir als mein Ministerdasein. Ich stehe für viele Themen, die den Menschen wichtig sind.«
Christian Görke hatte den Wahlkreis 4 bei der Wahl 2014 mit 32 Prozent der Erststimmen deutlich gewonnen - und nicht gegen irgendwen, sondern gegen die durchaus ebenfalls bekannten Politiker Martin Gorholt (SPD, 26 Prozent, inzwischen Staatskanzleichef) und Dieter Dombrowski (CDU, 25 Prozent, mittlerweile Landtagsvizepräsident). Zu bemerken ist dabei, dass die SPD im Jahr 2014 wie auch schon im Jahr 2009 in Rathenow und Umgebung bei den Zweitstimmen, die für eine Liste abgegeben werden, vor der Linkspartei lag, dass aber Christian Görke als Direktkandidat bei den Erststimmen abräumte. 2014 lag sein Erstimmen-Ergebnis 8,1 Prozent über dem Zweitstimmen-Ergebnis seiner Partei. So konnte er in jenem Jahr als einer von nur vier Sozialisten einen Landtagswahlkreis gewinnen.
»Christian Görke und die Partei haben gute Arbeit geleistet«, lobt Diana Golze. Sie erwähnt auch den Mann, der im März 2018 beinahe Bürgermeister von Rathenow geworden wäre und damit Rathauschef Ronald Seeger (CDU) abgelöst hätte. Jener Mann, der mit 45,1 Prozent der Stimmen erst in der Stichwahl von Seeger bezwungen werden konnte, das war Diana Golzes eigener Mann Daniel, der sich ebenfalls in der Linkspartei engagiert.
Natürlich spielt es eine Rolle, wie die Partei in einer Gegend aufgestellt ist. Davon abgesehen entscheiden die Wähler bei einem Direktkandidaten jedoch auch über die Person, die ihre Interessen im Parlament vertreten soll. Die Wähler sagen damit, wem sie das am ehesten zutrauen. Wenn Golze im Wissen um den Lunapharm-Skandal gewählt wird, dann haben die Bürger entschieden, was sie von der Frau und von der Sache halten. Daran gibt es dann wenig zu deuteln.
Doch so weit ist es noch nicht. Erst einmal muss Golze nominiert werden. An welchem Tag über ihre Bewerbung entschieden wird, ist noch offen. Der Termin soll am kommenden Dienstag festgelegt werden.
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