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SPD soll von Labour lernen
Linke Sozialdemokraten legen Forderungen für die Zukunft der Partei vor
Die Entwicklung der Magdeburger Plattform sagt viel über die derzeitige Schwäche des linken Flügels der SPD aus. Im November 2014 wurde die Plattform feierlich aus der Taufe gehoben. In der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt schlossen sich Genossen der organisatorisch zersplitterten Parteilinken zusammen, um schlagkräftiger zu werden. Köpfe der Organisation sind qua Amt die Chefs der Jusos und der Parlamentarischen Linken (PL) in der Bundestagsfraktion. Diese Funktionen sind derzeit von Kevin Kühnert und Matthias Miersch besetzt. Das Führungstrio wird von Parteivize Ralf Stegner komplettiert, der die linken Sozialdemokraten im SPD-Vorstand repräsentiert.
Doch mittlerweile ist die Plattform kaum noch jemandem ein Begriff. Sie existiert faktisch nur noch auf dem Papier. Anders als es sich die einstigen Initiatoren Stegner sowie Johanna Uekermann (Jusos) und Carsten Sieling (PL) vorgestellt haben, wurden in den vergangenen Jahren nämlich kaum gemeinsame Initiativen gestartet. Das lag auch daran, dass die Meinungen innerhalb der SPD-Linken weiterhin auseinander gehen. Während etwa Stegner die Fortsetzung der Großen Koalition zu Beginn dieses Jahres befürwortet hatte, waren Kühnert und Uekermann Wortführer gegen Schwarz-Rot.
Hinzu kam, dass die Gründung der Magdeburger Plattform von Attacken einiger linker Sozialdemokraten gegen das Forum Demokratische Linke 21 begleitet wurde. Die DL 21 war im Jahr 2000 als Dachorganisation für die SPD-Linke gegründet worden. Doch dieser Funktion wurde sie nicht mehr gerecht. Weil ihnen der Kurs der Vorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis als zu links erschien, verließen einige prominente Mitglieder vor vier Jahren das Forum.
In der Magdeburger Plattform sollte die DL 21 ursprünglich nicht in der ersten Reihe vertreten sein. Davon ist man im Laufe der Zeit offenbar deswegen abgerückt, weil die DL 21 in der Basis der SPD eine wichtige Rolle spielt. Nun lädt das Forum gemeinsam mit der PL, den Jusos und den Vorstandslinken zu einem Basiskongress der SPD-Linken am 12. und 13. Oktober in Berlin ein.
Dort wollen sich die Genossen über den sogenannten Erneuerungsprozess der SPD austauschen. Viele linke Sozialdemokraten sind diesbezüglich bisher eher vage geblieben. In der Einladung zu dem Basiskongress heißt es, dass man »ehrgeizige Pläne für den Klimaschutz, für Investitionen in Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraum und für die gerechte Verteilung von Chancen und Vermögen« benötige. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Protagonisten der heterogenen Strömung auf eine gemeinsame Strategie einigen werden.
Die DL 21 hat mittlerweile eigene Papiere zur »Parteierneuerung« der SPD vorgelegt. Sie spricht in diesem Zusammenhang von »inhaltlichen Impulsen«. In dem Papier wird die »Rekonstruktion« einiger sozialdemokratischer Parteien in Europa hervorgehoben. Als Beispiele nennt das Forum die britische Labour-Partei mit ihrem Vorsitzenden Jeremy Corbyn und die portugiesischen Sozialisten, die in der Regierung einen Links-Block anführen. Die DL 21 fordert nun die eigene Partei auf, von diesen Parteien zu lernen. »Der Aufbruch dieser Parteien ist mit einem klaren Linkskurs verbunden und mit Personen, die glaubwürdig einen Neuanfang verkörpern und sich vom neoliberalen Politikmodell abgewendet haben«, heißt es in dem Papier.
Die linken Sozialdemokraten wollen in der Bundesrepublik vor allem den einst von der SPD betriebenen Sozialabbau rückgängig machen. So fordern sie etwa die Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen und die Anpassung der Zumutbarkeitsregelungen für das ALG II an die des ALG I.
Mit ihrem Kongress im Oktober wollen die SPD-Linken das »Debattencamp« der Parteispitze am 10. und 11. November in Berlin vorbereiten. Bei dieser Veranstaltung soll den Teilnehmern suggeriert werden, dass es in der SPD basisdemokratische Strukturen gibt. Interessierte mit Parteibuch konnten Vorschläge für das Veranstaltungsprogramm unterbreiten, über die dann diskutiert werden soll. Die Bereiche wurden grob von der SPD-Führung vorgegeben. Diese legen nahe, dass die Sozialdemokraten angesichts der Regierungsbeteiligung ihrer Partei positiv in die Zukunft blicken sollen. Die Parteispitze möchte gerne über »Wachstum für alle«, »Arbeit von morgen«, »Neues Miteinander«, »Wir in der Welt« und »Best Practice: Parteiarbeit« reden.
Um die Genossen in Stimmung zu bringen, soll neben Workshops am Samstagabend auch eine große Party stattfinden. Fraglich ist aber, ob angesichts der schweren Krise der Partei gute Stimmung aufkommen wird. Denn so manche Parteilinke meinen, dass es derzeit wegen des Absturzes in den Umfragen auf mittlerweile nur noch 16 bis 17 Prozent schon um die Existenz der SPD geht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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