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Bleibt Mazedonien Mazedonien?
Gescheitertes Referendum erschwert die Umsetzung des Namensdeal mit Athen
Am Ende wollten sich alle als Sieger fühlen. »Mazedonien, Mazedonien« skandierten freudetaumelnd mehrere hundert Gegner der Umbenennung in Nordmazedonien, die vor dem Parlament in Skopje ausgelassen die historisch niedrige Wahlbeteiligung von nur 36,87 Prozent bei dem von ihnen boykottierten Volksentscheid über den Namensdeal mit Griechenland feierten. Das Abkommen habe »kein grünes Licht, sondern ein Stoppschild« erhalten, freute sich Oppositionschef Hristijan Mickoski von der nationspopulistischen VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation - Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit) über das klar verfehlte Quorum einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent für die Gültigkeit des Votums: »Die Regierung hat ihre Legitimität verloren«, frohlockte er.
Begleitet von Beifall feierte derweil in der Wahlnacht auch der sozialdemokratische Premier Zoran Zaev seinen vermeintlichen Triumph. Die überwältigende Mehrheit von 91,37 Prozent der Wähler habe »für den europäischen Weg gestimmt«. Die Opposition wisse genau, dass es zur Westintegration keine Alternative gebe. Zaev forderte diese auf, »den Willen der Mehrheit zu bestätigen«. An einen Rücktritt verschwende er keine Gedanken. Das Ergebnis überzeuge ihn noch mehr von der Notwendigkeit, »Mazedonien in die EU und NATO zu führen«.
Schon seit 27 Jahren macht Griechenland den Nachbarn mit dem Verweis auf die eigene Provinz Makedonien den Landesnamen streitig. Die im Juni vereinbarte Umbenennung sollte den Dauerstreit endlich beenden - und den Mazedoniern den bislang von Athen blockierten Weg in EU und NATO ebnen. Doch statt zur Lösung des Konflikts hat das Referendum zu neuen Verwerfungen geführt: Beim Hindernislauf nach Nordmazedonien tun sich nun neue, sehr hohe Hürden auf. Zwar hat der Volksentscheid nur beratenden Charakter und letztlich hat das Parlament über die für die Umbenennung nötige Verfassungsänderung zu entscheiden. Ein Verfehlen des Quorums war angesichts des Boykotts der Opposition und des veralteten, durch längst ausgewanderte oder verstorbene Wählerseelen völlig aufgepumpten Wahlregisters insgeheim auch von der Regierung einkalkuliert worden. Doch die sehr schwache Beteiligung untergräbt dennoch die Glaubwürdigkeit des Votums - und gibt den Gegnern des Abkommens neuen Auftrieb.
Trotz des gescheiterten Referendums wollen aber nicht nur Skopje und Athen, sondern auch EU und NATO den Namensdeal unbedingt in trockene Tücher bringen. Das »sehr deutliche Ja-Votum« sei eine »breite Unterstützung«, lässt EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn verlauten. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg fordert Mazedoniens Parlamentarier derweil dazu auf, die »historische Chance« zu ergreifen: »Die Tür zur NATO steht offen.«
Doch die dafür nötige Absegnung des Namensdeals scheint nach dem Referendum wieder völlig ungewiss. Bislang kann die Regierung nur auf 71 Stimmen in dem 120 Abgeordneten zählenden Parlament bauen. Zu der benötigten Zweidrittelmehrheit fehlen ihr aber noch neun Stimmen, die sie mit Hilfe von VMRO-Dissidenten zu organisieren versucht. Sicher scheint sich aber auch Zaev nicht zu sein: Für den Fall des Scheiterns der Abstimmung im Parlament hat der Premier bereits vorgezogene Neuwahlen im Dezember angekündigt.
Zwar haben die Regierungsparteien bei dem Referendum ungefähr so viel Stimmen wie bei den klar gewonnenen Kommunalwahlen vor Jahresfrist erhalten. Doch ein vorgezogener Urnengang wäre sowohl für die Regierung als auch die Opposition riskant - und würde den Fahrplan für die EU- und NATO-Integration mit Sicherheit verschieben: Bei einer Änderung der politischen Konstellationen in Athen oder Skopje könnte sich das Zeitfenster für eine Einigung auch bald wieder schließen.
Einerseits kann sich die Regierung auch nach Neuwahlen keineswegs einer Zweidrittelmehrheit sicher sein. Andererseits könnte ein Stimmenstreit den mühsamen Burgfrieden der Regierungsparteien der albanischen Minderheit verstören - und zu neuen Koalitionsturbulenzen führen. Trotz des Boykotterfolgs kämen auch der VMRO Neuwahlen wegen zu erwartender Verluste wenig gelegen. Selbst bei Zugewinnen wäre ihr der erneute Gang in die Opposition wegen Partnermangels gewiss: Die Ablehnung des Namensdeals macht die VMRO derzeit für jede albanische Partei zum unmöglichen Partner.
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