Ein Mann der ersten Stunde geht von Bord

Rücktritt von Frankreichs Innenminister löst Krise aus

  • Ralf Klingsieck
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Dienstagabend vom Elysée lakonisch bekanntgegebene Rücktritt von Innenminister Gérard Collomb hat eine politische Krise ausgelöst. Es ist nach Umweltminister Nicolas Hulot schon der zweite Staatsminister-Abgang in wenigen Wochen. Gerade Hulot und Collomb sollten Säulen der Regierung sein, auch wenn ihr Profil unterschiedlich war.

Während Macron von Hulots Popularität als dem Naturschutz verpflichteter Fernsehjournalist profitieren wollte, war Collomb - ehemaliger sozialistische Bürgermeister von Lyon - einer seiner ersten prominenten Mitstreiter im Präsidentschaftswahlkampf. Collomb verstand sich gewissermaßen als »Ziehvater« des ehrgeizigen jungen Kandidaten Macron, dem er mit langähriger Erfahrung in der Politik behilflich sein konnte. Doch die erste große Enttäuschung für Collomb war, dass er nach dem Wahlsieg nicht wie gewünscht Premierminister, sondern nur Innenminister wurde. In diesem Amt ließ er sich schnell vom stramm rechten Geist des Hauses vereinnahmen, zumal er wie der Präsident eine harte Politik bei der Bekämpfung von Kriminalität, Terrorismus und »illegaler Einwanderung« verfolgte.

Bald musste Collomb allerdings einsehen, dass er für Macron nur ein Erfüllungsgehilfe war und dass der auf Ratschläge eher allergisch reagierte. Vor einigen Wochen brachte Collomb den Präsidenten durch ein Interview auf, in dem er sagte, der Stil der gegenwärtigen Machtausübung trage »Züge von Selbstgefälligkeit«. Das traf bei Macron einen wunden Nerv, denn ihm wird immer wieder nachgesagt, er neige zur Arroganz und trete wie ein »republikanischer Monarch« auf. Dieses vernichtende Urteil wollte Collomb nicht zurücknehmen. Schwer getroffen hat ihn auch, dass man an höchster Stelle in der Skandalaffäre um den Sicherheitsberater des Präsidenten, Alexandre Benalla, den Eindruck erweckte, der Innenminister habe die Polizei nicht im Griff.

Schließlich kam es zu dem bewussten Affront gegen Macron, der aus der Zeitung erfahren musste, sein Innenminister werde sich bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr wieder um das Bürgermeisteramt in Lyon bewerben. Eigentlich wollte Collomb erst in einigen Monaten den Hut nehmen, doch aufgrund der scharfen Reaktion aus dem Elysée zog er diesen Schritt nun vor und reichte am Montag seinen Rücktritt ein. Den lehnte Macron ab, um zu demonstrieren, dass er sich sein Handeln nicht diktieren lasse. Collomb blieb allerdings stur und reichte am Dienstag ein zweites Rücktrittschreiben nach. Macron konnte nicht anders als zu akzeptieren.

Die dadurch ausgelöste Regierungskrise kommt für Macron zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Vor Tagen hat der Präsident einen Besuch im mittelamerikanischen Überseegebiet Saint-Martin genutzt, um angesichts der dramatisch fallenden Popularitätszahlen seinen Ruf aufzubessern. So räumte er erstmals öffentlich ein, dass er manchmal »nicht frei von Arroganz« und »etwas fern von den Realitäten« des Lebens der einfachen Franzosen sei. Ob diese Ansätze von Selbstkritik Wirkung zeigen, ist fraglich. Sicher ist dagegen, dass ihm das Manöver von Collomb schadet.

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