Vietnams Novum
Personalie
Das Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Vietnams hat in Hanoi einen neuen Staatspräsidenten nominiert: den 74-jährigen Parteichef Nguyen Phu Trong, der in Zukunft beide Ämter ausüben soll. Gewählt wird in der Nationalversammlung, die zwischen Ende Oktober und Ende November zusammentritt. Dort ist er der einzige Kandidat, seine Partei die einzige Partei. Die Nominierung war notwendig, da der bisherige Amtsinhaber verstarb.
Die Personalunion von Parteichef und Staatsoberhaupt ist in Vietnam ein Novum. Bislang galt: Die vier wichtigsten Funktionen im Land (Parteichef, Staatspräsident, Ministerpräsident und Parlamentspräsidentin) werden streng quotiert besetzt. Mindestens ein Kandidat muss aus dem Norden, der Mitte und dem Süden des Landes stammen, mindestens einer soll in der Wirtschaft, dem Parteiapparat und dem Sicherheitsapparat sozialisiert worden sein. Seit 2016 ist zudem eine Funktion einer Frau vorbehalten. Das so quotierte Quartett heißt »kollektive Führung«. Gerade Trong war das immer wichtig: Auf dem Parteitag 2016 katapultierte er seinen schärfsten Widersacher, den damaligen Premier Nguyen Tan Dung, in die politische Bedeutungslosigkeit, weil der sich in den Augen des Parteichefs dem Prinzip der kollektiven Führung entzogen hatte. Es folgte ab 2016 eine Säuberungsaktion, deren Hauptakteur Trong war - der nun selbst nach zwei Ämtern greift und sich damit dem Prinzip der kollektiven Führung widersetzt.
Der Literaturwissenschaftler gilt als ultrakonservativer Machtpolitiker. Sozialisiert wurde er bei der Parteizeitung und im Apparat. Im Zuge der von ihm verkündeten Säuberungsaktion werden Forderungen nach politischer Pluralität, nach Gewaltenteilung sowie parteikritische Äußerungen mit Parteiausschluss geahndet, erst am Donnerstag wurden zwei ZK-Mitglieder ausgeschlossen. Als Präsident wird Trong auch über Amnestien für politische Gefangene entscheiden. Prominenter Fall: der 2017 aus Berlin entführte Trinh Xuan Thanh. Deutschland verlangt seine Rückkehr. Solange die nicht erfolgt, liegen die zwischenstaatlichen Beziehungen auf Eis.
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