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Die Sportler bleiben am Rand

Das IOC gibt sich reformfreudig, und muss doch wieder Kritik einstecken

Die Olympischen Jugendspiele waren bislang keine für Kontroversen bekannte Veranstaltung. Die Wettbewerbe von 14- bis 18-jährigen Nachwuchssportlern fanden größtenteils unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Für die Granden des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) war das eine willkommene Abwechslung, müssen sie sich doch während der Spiele der Erwachsenen immer mit Skandalen um Gigantismus, Korruption oder Doping herumschlagen. Offenbar hatte jemand die Idee, dieser Ort der medialen Ruhe eigne sich gut für eine IOC-Vollversammlung. Doch fast alles, was in den vergangenen Tagen in Buenos Aires so verkündet und beschlossen worden ist, erfuhr dann doch harschen Widerstand. Die Liste ist lang:

Eindämmung der Kosten

Zunächst wollte das IOC mit einem Überschuss punkten. Demnach hätte der Ausrichter der Winterspiele 2018 in Pyeongchang einen Überschuss von 55 Millionen US-Dollar (etwa 48 Millionen Euro) erwirtschaftet. Das IOC führte dies auf seine Agenda 2020 zurück, der es Veranstaltern ermöglicht, Kosten einzusparen. »Früher haben wir von Städten gefordert, dass sie unsere Bedingungen erfüllen«, sagte IOC-Präsident Thomas Bach. »Heute fragen wir, wie wir die Spiele an die Möglichkeiten der Städte anpassen können.« Dann verzichtete das IOC auch noch auf seine übliche Beteiligung am Überschuss - zugunsten des koreanischen Sports.

Doch wie so oft sind in diesen Zahlen nicht die Gesamtkosten enthalten, sondern nur die für die Durchführung der Spiele selbst. Infrastrukturmaßnahmen, vor allem im Straßenbau und der Modernisierung der Verkehrsanbindungen sind nicht enthalten, da das IOC argumentiert, diese meist rein staatlichen Investitionen kämen auch später der Gesellschaft zugute. Ganz falsch ist das nicht, aber auch nicht ganz aufrichtig, weil das moderne Olympia ohne diese Maßnahmen nicht funktioniert.

Daran erinnerte nun der japanische Rechnungshof, der moniert, dass die Sommerspiele in Tokio 2020 nicht wie avisiert zehn, sondern mindestens 22 Milliarden Euro kosten werden. Da der Rechnungshof in seine Schätzung Projekte in der Landwirtschaft und dem Ausbau von Wasserstoff-Tankstellen einbezog, weil sie entfernt Bezug zu Olympia haben könnten, wehrte sich das IOC heftig: Das seien »keine Kosten der Spiele«, klagte der Vorsitzender der Koordinierungskommission für Tokio, John Coates. Vielmehr hätten Veranstalter und IOC mittlerweile schon 3,7 Milliarden Euro eingespart.

Neue Ausrichterstädte

Das kanadische Calgary, Cortina d’Ampezzo und Mailand in Italien sowie Schwedens Hauptstadt Stockholm sind die Finalisten im Rennen um die Winterspiele 2026. Wer die Wahl gewinnt, entscheidet sich im Juni 2019. Sie passen allesamt zum Wunsch des IOC, wieder zu den Wurzeln zurückzukehren, denn die drei Anwärter haben bereits Spiele ausgerichtet. Der Kritik, ständig nur neue Märkte zu erschließen, will das IOC etwas entgegensetzen. Jedoch steht in Kanada noch eine Bürgerbefragung an, deren Ausgang ungewiss ist. Stockholm hat bislang nur Erfahrung in Sommerspielen (1912 und die Reitwettbewerbe 1956). Und Mailand und Cortina als Region zu bezeichnen, ist gewagt. Beide Orte liegen mehr als 250 Kilometer voneinander entfernt.

Wer die nächsten Jugendsommerspiele bekommt, wurde schon jetzt entschieden: 2022 werden sie in Dakar ausgetragen. Senegal wird somit erster Ausrichter olympischer Wettbewerbe in Afrika. Das Signal war dem IOC wichtig. Doch auch hier kam ihm eine Nachricht in die Quere: Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletikweltverbands bat Senegals Präsidenten Macky Sall in Buenos Aires persönlich, bei der Auslieferung von Papa Massata Diack nach Frankreich zu helfen. Der steht seit 2015 auf der Fahndungsliste von Interpol. Er soll Einfluss auf die Stimmenabgabe afrikanischer Länder bei den Abstimmungen für Rio de Janeiro und Tokio als Ausrichter der Olympischen Spiele 2016 und 2020 genommen haben. Senegals Regierung weigert sich dennoch weiterhin, ihn auszuliefern.

Athletenrechte

Einstimmig billigten die Versammlungsmitglieder am Dienstag eine Erklärung, die Sportler vor Missbrauch, Doping und Diskriminierung schützen soll. Dagegen kann man doch nun wirklich nichts haben, oder? Anscheinend doch! Die Erklärung war von der IOC-Athletenkommission ausgearbeitet worden. Dennoch regte sich kurz vor der Abstimmung Widerstand ausgerechnet von Athletenvertretern und Menschenrechtsorganisationen. Angeblich soll die breite Masse der Profisportler nicht angehört worden sein. Auch sei völlig unklar, wie Verletzungen der Rechte sanktioniert würden. Die Athleten des Deutschen Olympischen Sportbundes schlossen sich der Kritik an. Und so wurde ein Akt, der die Unterstützung der Sportler betonen sollte, zur Erinnerung daran, dass sie beim IOC immer noch kaum etwas zu sagen haben.

Flüchtlingsteam

2020 in Tokio wird erneut ein Team aus Geflüchteten an den Start gehen. Erstmals war das 2016 der Fall. Es ist ein begrüßenswerter Schritt des IOC, auch wenn er erneut ins Gedächtnis ruft, in welchem Zustand die Welt derzeit ist. Das sieht übrigens auch Thomas Bach so: »In einer perfekten Welt bräuchten wir kein Flüchtlingsteam bei den Olympischen Spielen«, sagte der IOC-Präsident. »Leider dauert die Situation weiter an. Das ist eine Erinnerung an die Flüchtlinge, dass sie nicht vergessen werden.«

Neue Mitglieder

Der Olympische Dachverband hat insgesamt neun neue Mitglieder in seinen Zirkel aufgenommen. Und apropos Geflüchtete: Eine davon ist die 24-jährige Samira Asghari. Als Kind war sie vor dem Krieg in Afghanistan geflüchtet. Später wurde sie Kapitän des Basketballteams ihres Landes und versuchte als Multifunktionärin, afghanische Frauen im Sport voranzubringen. Sie sitzt auch in der IOC-Kommission, die sich um die Trainer, Manager und Sponsoren der Athleten kümmert. »Alles was ich wollte, war Sportlehrerin in einer Schule sein«, sagte Asghari. Nun ist sie jüngstes Mitglied in der IOC-Geschichte. Gegen ihre Wahl gab es zur Abwechslung mal keine Beschwerden.

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