Neubau für alle
Mit der Plattform LokalBau will Friedrichshain-Kreuzberg Projekte am Gemeinwohl ausrichten
»Wir brauchen vor allem Verlässlichkeit«, sagt Sabine Horlitz. Sie steht gerade vor den Trümmern des seit bald sieben Jahren von ihr und vielen Mitstreitern vorangetriebenen Projekts ps wedding. Das Ziel: Das im Sommer 2011 geschlossene Gebäude des ehemaligen Diesterweg-Gymnasiums in Gesundbrunnen umzunutzen und zu ergänzen. Zusammen mit der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft degewo sollten über 300 bezahlbare Wohnungen sowie ein soziokulturelles Nachbarschaftszentrum entwickelt werden. »Es gab zahlreiche Beschlüsse, unser Projekt umzusetzen, aber letzte Woche wurde der Plan des Bezirksamts bekannt, die Schule abzureißen«, so Horlitz. Am kommenden Dienstag will das Bezirksamt den formalen Beschluss fassen. Kampflos hinnehmen wollen sie das Ende des Traums nicht. Sie rufen zur Demonstration am Sonntag auf. Ab 14 Uhr soll vor dem Gebäude in der Swinemünder Straße 80 protestiert und diskutiert werden. »Es kann nicht auf einmal nicht mehr gelten, was vor zwei Jahren beschlossen wurde«, zeigt sich Horlitz kampfbereit.
Eigentlich soll es am Dienstagabend in der Kantine des Kreuzberger Rathauses über den Dächern der Stadt um die leuchtende Zukunft gemeinwohlorientierter Stadtentwicklung gehen. Unter dem Namen LokalBau will Friedrichshain-Kreuzberg Strategien entwickeln. Immerhin 3500 Wohnungen und Gewerberäume sollen in den nächsten Jahren auf landeseigenen Flächen im Bezirk entstehen.
»Bisher robben sich Gruppen mit unheimlichem Aufwand an Projekte heran, und am Ende kommt vielleicht eines von fünf Vorhaben durch«, sagt Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). »Wie kann es gelingen, dass das Ganze für die vielen funktioniert?«, will er wissen.
»Die Verwertung am Markt zu verhindern und ausgeschlossene Gruppen zu beteiligen, ist das rot-rot-grüne Versprechen«, sagt Magnus Hengge. Der Aktivist der Initiative Bizim Kiez ist nun einer der Koordinatoren von LokalBau. Bisher gelinge es sehr schlecht, jene Gruppen zu erreichen, die sich derzeit nicht beteiligen.
Doch auch in den bereits laufenden Verfahren knirscht es gewaltig. Aus Sicht von Christa Haverbeck, Leiterin der Abteilung Stadterneuerung im bezirklichen Stadtentwicklungsamt sind die Erfahrungen auf dem Dragonerareal nicht sehr gut. »Wir steuern auf einen Konflikt zu, der nicht handelbar ist. Wir finden keine gemeinsame Sprache und keine Zusammenarbeit«, beschreibt sie.
Matthias Peckskamp, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung, sieht in dem Aufbau von LokalBau als Schnittstelle zwischen Bürgern, Verwaltung und später auch möglichen Investoren eine Unterstützung. »Erst jetzt mit diesem Senat haben wir Möglichkeiten, die es bisher nicht gab. Deswegen können wir nicht einfach in eine Kiste greifen und Lösungen herausholen«, so Peckskamp.
Transparenz und eine genauere Klärung des Begriffs »gemeinwohlorientiert« werden immer wieder gefordert. Der Diskussionsbedarf ist gewaltig.
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