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Studentische Beschäftigte verlieren Verträge
Die Humboldt-Universität lässt Stellen auslaufen, statt Studierende nach richtigem Tarif zu bezahlen
Eigentlich hätte Miriam bald mehr Stunden an der Universität arbeiten können. Sie ist studentische Bafög-Beraterin bei der Humboldt-Universität (HU) und kann die zusätzlichen Stunden gut gebrauchen, denn sie finanziert sich vollständig selbst. Ihren Nachnamen möchte sie lieber nicht in der Zeitung lesen. Nun hat die Universitätsleitung ihr die Stundenaufstockung in einer bereits abgesprochenen zweiten Tätigkeit verwehrt. Miriam gehört zu den an der Universität arbeitenden Studierenden, die seit Anfang Oktober von einem Einstellungsstopp betroffen sind. Die Universität verlängert gerade keine Verträge von Studierenden, stellt keine neuen ein und stockt keine Stunden auf.
Hintergrund ist ein Rechtsstreit, den die Universität gegen eine Studentin verloren hatte (Aktenzeichen 7 Sa 143/18). So wie viele weitere Studierende war die angehende Informatikerin nach dem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TVStud) angestellt, obwohl sie, so gab das Landesarbeitsgericht ihr recht, nach dem öffentlichen Tarif der Länder (TV-L) beschäftigt werden müsste. Das macht einen Unterschied, weil nach TVStud eigentlich nur Studierende arbeiten dürfen, die wissenschaftlich tätig sind. Der TV-L hingegen ist für Angestellte, die etwa in Unibibliotheken, in der Verwaltung oder in Informatikabteilungen beschäftigt sind. Hierbei liegt der Stundenlohn bei circa 16 Euro, der Lohn wird regelmäßig angehoben, und mehr Rechte wie die Entfristung von Verträgen gehen damit einher. Im TVStud hingegen liegt der Stundenlohn bei 12,30 Euro. Außerdem können durch TVStud-Beschäftigte etwa Stellen in Sekretariaten billiger besetzt werden, als wenn eine studentische oder bereits ausgebildete Kraft nach dem öffentlichen Tarif bezahlt werden muss, erklärt Marie vom Personalrat der studentischen Beschäftigten der HU (PRStudB). Dieses Gremium wird jedes Jahr von den studentischen Mitarbeiter*innen gewählt wird. Nach dessen Schätzung arbeiten mehr als 600 beschäftigte Studierende rechtswidrig in nicht-wissenschaftlichen Bereichen unter dem TvStud. Das entspräche rund 30 Prozent der an der Universität beschäftigten Studierenden. Die Zahlen beziehen sich auf Angaben von vor zwei Jahren, als die studentische Vertretung bei der Universität anfragte, wie viele Studierende in welchem Bereich beschäftigt sind.
Diese etwa 600 Studierenden sind nun potenziell von der Nichtverlängerung der Verträge betroffen. Forderungen des studentischen Personalrats in den letzten Jahren, Verträge nach dem TV-L für diejenigen auszustellen, die nicht-wissenschaftliche Tätigkeiten verrichten, blieben bis zu dem Gerichtsurteil von der Universitätsleitung unbeantwortet.
Alle Vorgänge zu stoppen war keine Forderung der Studierenden-Vertreter*innen, betonen diese. Wie lange die Personalabteilung der Hochschule so verfahren will, bleibt unklar. Nach Anfrage am Dienstagmorgen gab die Pressestelle der HU bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahme ab.
Die Kehrtwende der HU-Präsidentin Sabine Kunst, nicht mehr einzustellen, kam überraschend für die Betroffenen. Informiert wurden sie vorher nicht, so sei es im Hochschulvertrag eigentlich geregelt. »Einzelfälle sind denen gerade egal«, sagt Miriam dazu. Sie glaubt, so wie einige ihrer Kommiliton*innen, dass es der Universität darum geht, das Hochschulgesetz zu ändern und so mehr Studierende nach dem TVStud bezahlen zu können. 20 junge Leute haben sich bereits beim studentischen Personalrat gemeldet. Der rät ihnen, mit der Hochschule zu reden, Gewerkschaften und Anwaltskanzleien zu kontaktieren. An der an diesem Donnerstag stattfindenden studentischen Vollversammlung wollen die Studierenden auch über diesen Konflikt diskutieren. Am 30. Oktober treffen sich der Personalrat der studentischen Beschäftigten und Präsidentin Sabine Kunst, um über den Konflikt zu reden.
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