- Politik
- Familiennachzug
Trennung von Kindern und Partnern belastet Geflüchtete
Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Herti School of Governance
Berlin. Nach Deutschland Geflüchtete belastet es schwer, wenn ihre Familienangehörigen im Ausland leben: Die Betroffenen sind deutlich unzufriedener mit ihrer Situation als andere in Deutschland lebende Flüchtlinge, wie eine der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorliegende Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Hertie School of Governance ergab.
»Das Potenzial der Familie für eine gelungene Integration sollte nicht unterschätzt und etwa in der Debatte um den Familiennachzug stärker beachtet werden«, erklärte die Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin, C. Katharina Spieß. Vor allem aufgrund der Trennung von ihren Kindern seien Geflüchtete deutlich weniger zufrieden mit ihrem Leben in Deutschland, andere Faktoren hätten einen geringeren Einfluss, heißt es in der Untersuchung.
Demnach haben neun Prozent aller nach Deutschland Geflüchteten im Alter von 18 bis 49 Jahren mindestens ein minderjähriges Kind, das nicht bei ihnen sondern im Ausland lebt. Bei zwölf Prozent ist das mit Blick auf den Ehepartner der Fall. Von allen Flüchtlingen, die überhaupt Kinder haben oder verheiratet sind, sind 23 Prozent von mindestens einem Kind und 27 Prozent von ihrem Ehepartner getrennt.
Auf einer Skala von Null (ganz und gar unzufrieden) bis Zehn (ganz und gar zufrieden) geben Flüchtlinge, die mit ihren Kindern in Deutschland leben, im Durchschnitt einen Zufriedenheitswert von 7,5 an. Für von ihren Kindern Getrennte liegt der Wert bei 5,8. Auch Flüchtlinge, die ihren Ehepartner bei sich haben, geben ihre Zufriedenheit im Durchschnitt mit 7,5 an. Von Mann oder Frau getrennte Geflüchtete liegen auf der Zufriedenheitsskala bei 6,1.
»Familie hat für das Wohlbefinden eine große Bedeutung - deshalb geht eine Trennung von der Familie bei vielen Geflüchteten nachweisbar mit einer größeren Unzufriedenheit einher«, bilanzierte Studienmitautorin Diana Schacht vom DIW Berlin die Ergebnisse. Die Integration von Geflüchteten gelinge eher, wenn Kinder und Ehepartner vor Ort seien.
Für die Studie wurde die Familienstruktur und das Wohlbefinden von Flüchtlingen untersucht, die zwischen Januar 2013 und Januar 2016 nach Deutschland kamen. Die Verfasser werteten dafür die Ergebnisse einer gemeinsamen Befragung von knapp 3.400 Menschen im Alter von 18 bis 49 Jahren aus, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das DIW Berlin gemeinsam durchgeführt hatten.
Demnach leben in erster Linie Männer getrennt von ihren Kindern. Besonders häufig treffe dies auf Geflüchtete aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara zu. »Frauen migrieren selten allein, sondern in der Regel mit ihrer Familie«, heißt es in der Studie. Die Verfasser empfehlen, ihre Erkenntnisse beim Familiennachzug stärker zu berücksichtigen. Dies sei auch bedeutend, da sich die Zufriedenheit der Eltern unmittelbar auf die Entwicklung ihrer Kinder auswirke, erklärte Spieß. AFP/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.