Grün-rot-rot in Hessen: Kommt der nächste grüne Ministerpräsident?

Mitte-Links liegt mit 48 Prozentpunkten knapp vor dem »rechten Lager« aus CDU, FDP und AfD

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Mainz. In Hessen könnte es bei der Landtagswahl in zehn Tagen für eine Mitte-Links-Regierung reichen - unter der Führung der Grünen. Denn im Banken-Bundesland befinden sich die Grünen einer neuen Umfrage zufolge im Höhenflug, während CDU und SPD mit massiven Stimmenverlusten rechnen müssen. In dem am Donnerstag veröffentlichten ZDF-»Politbarometer« liegen die Grünen bei 22 Prozent. Wenn am nächsten Sonntag gewählt würde, käme die CDU nur noch auf 26 Prozent und die SPD auf 20 Prozent. Die AfD würde laut der Umfrage zwölf Prozent bekommen und damit erstmals auch in den hessischen Landtag einziehen. Linkspartei und FDP kommen demnach jeweils auf acht Prozent.

In Hessen wird am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt. In Wiesbaden regiert seit fünf Jahren eine schwarz-grüne Landesregierung unter Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).

Laut der Umfrage liegt das »linke Lager« mit 48 Prozent vorne, zählt man die Werte von Grünen, SPD und LINKEN zusammen. Das »rechte Lager« aus CDU, FDP und AfD würde hingegen nur auf 46 Prozent kommen. Bei einem Umfragenfehler von zwei bis drei Prozent heißt das: in Hessen ist alles offen.

Nach den Umfragewerten des ZDF-»Politbarometers« muss die amtierende schwarz-grüne Landesregierung in Hessen um ihre Mehrheit bangen. Rechnerisch möglich sind demnach ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP oder eine rot-rot-grüne Koalition. Letztere könnte aber nach derzeitigem Umfrage von den Grünen angeführt werden. Auch eine »Ampel« aus SPD, FDP und Grünen ist möglich. Eine Koalition aus CDU und SPD hätte dagegen keine Mehrheit.

Der Politikwissenschaftler Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin fasste die Situation in Hessen am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter so zusammen: »An den Grünen führt kein Weg vorbei.« Andere Umfragen vor der Landtagswahl in Bayern hatten noch die Sozialdemokraten vor den Grünen gesehen.

Bei einer Direktwahl des Ministerpräsidenten läge Amtsinhaber Bouffier zwar klar vor seinem SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel. Für ihn würden sich laut der Umfrage 46 Prozent der Befragten entscheiden, für Schäfer-Gümbel 32 Prozent.

Beliebtester Politiker ist allerdings der Grünen-Spitzenkandidat und amtierende Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir. Auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf kommt er auf einen Wert von 1,7. Bouffier erreicht einen Wert von 1,2, SPD-Landeschef Schäfer-Gümbel von 0,8.

Der Wahl wird auch bundespolitisch eine enorme Bedeutung zugesprochen. Nach der Landtagswahl in Bayern, bei der die CSU und die SPD herbe Verluste einstecken mussten, wird vor allem das Abschneiden von CDU und Sozialdemokraten mit Spannung erwartet. Sollten diese in Hessen schlecht abschneiden, könnte dies auch Auswirkungen auf die Große Koalition im Bund haben.

2008 hatte die damalige SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti versucht, eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei zu schmieden. Das Vorhaben wurde einen Tag bevor Ypsilanti sich zur Ministerpräsidentin wählen lassen wollte, von vier sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten torpediert. Sie warfen Ypsilanti Wortbruch vor, da die Politikerin vor der Landtagswahl am 27. Januar wiederholt eine Zusammenarbeit mit der LINKEN ausgeschlossen hatte.

Für die Umfrage befragte die Forschungsgruppe Wahlen von Montag bis Mittwoch 1035 Wahlberechtigte. Der statistische Fehlerbereich liegt bei einem Wert von 40 Prozent bei drei Prozentpunkten, bei einem Wert von zehn Prozent bei zwei Prozentpunkten. AFP/nd

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