Selbst gemachte Milliarden

Sieben Tage, sieben Nächte: Stephan Kaufmann erklärt, was der Reichtum der Reichen mit dem Lohn und der Leistung anderer zu tun hat

Nicht ganz überraschende Neuigkeiten aus der Welt der Superreichen: Sie werden immer reicher. Die Schweizer Bank UBS zählt weltweit 2158 Milliardäre. Allein in China entstehen unter der Herrschaft der KP jede Woche zwei neue Milliardäre. Der globale Club der UHNWI (Ultra High Net Worth Individuals) nannte 2017 rund 8900 Milliarden Dollar sein eigen. Seine Mitglieder sind damit 1400 Milliarden reicher als 2016 und so reich wie nie zuvor. Schön für sie.

Wem dazu jetzt Ungerechtigkeit und Umverteilung einfallen, dem teilt die UBS mit: Bei den Superreichen handelt es sich um Wertschöpfer (»value creators«), deren »unternehmerischer Geist« sich »revolutionäre Technologie« und »disruptive Innovationen« zunutze macht und diese mit »immer neuen Geschäftsmodellen« zu einer stetigen »Steigerung der Produktivität« verbindet. Darüber »schaffen sie neue Märkte« sowie »Jobs und Wohlstand für Millionen Menschen rund um die Welt«.

Von jenen, die 2017 den Sprung in den UHNWI-Club geschafft haben, sind laut UBS 199 »self made«-Milliardäre. Insgesamt seien nur 30 Prozent der globalen Riesenvermögen geerbt, 70 Prozent dagegen fielen unter die Kategorie »self made«.

Selbst gemacht? Fehlt da nicht jemand?

Stimmte das »self made«, so kämen die Milliardäre wohl auf einen ansehnlichen Stundenlohn. Dass es nicht stimmt, erkennt man an der Randbemerkung, dass für die globale Geldelite rund 30 Millionen Menschen arbeiten. Es ist deren Produktivität, die steigt.

Der Reichtum der Reichen hat also schon etwas mit Lohn und Leistung anderer zu tun. Die meisten Milliardäre kommen aus dem Sektor »Konsumgüter und Handel«, einem Sektor mit geringen Löhnen. Hierzu gehören die Aldi-Eigentümer oder der reichste Mensch der Welt: Amazon-Chef Jeff Bezos. Er verlor am Donnerstag über acht Milliarden Dollar, weil die Amazon-Aktie abstürzte. Ein Grund war der Kostenanstieg, unter anderem weil Amazon Beschäftigten in Großbritannien und den USA künftig 15 Dollar die Stunde zahlen will. Das kostet Bezos, dem aber noch 138 Milliarden übrig bleiben.

Aus der Perspektive von UBS produzieren nicht Millionen Beschäftigte den Reichtum, den sich wenige aneignen. Man soll es umgekehrt sehen: An den Milliarden, die die Firmeneigentümer sich aneignen, soll man ihren großen Beitrag zum Wohlstand erkennen. Als »wealth creators« schaffen sie Jobs und heben den Lebensstandard von Millionen.

Damit steht wie gewohnt alles auf dem Kopf. Die geltende Regel »Gesellschaftliche Produktion für private Aneignung des Ertrags« wird uminterpretiert in »Private Aneignung als Dienstleistung für die Gesellschaft«. Der Profit als Mittel zur Schaffung von Arbeitsplätzen - diese Umdeutung beherrschen nicht nur Banker, sondern auch viele Ökonomen und Politiker.

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