- Politik
- Gedenken an die Schoah
AfD verhöhnt jüdische Opfer »durch die Kornblume«
Andreas Wild provoziert bei Gedenkmarsch mit vermeintlicher Nazisymbolik
Die Nacht vom 8. auf den 9. November 1938 ist beschämend für jeden Deutschen. Mehr als 400 Menschen wurden ermordet, fast 1500 jüdische Geschäfte, Wohnungen und Gotteshäuser verwüstet und zerstört.
Am 8. November fand anlässlich dieser Gräueltaten ein Schweigemarsch durch Berlin statt. Der AfD-Politiker Andreas Wild trug bei der Gedenkstunde im Abgeordnetenhaus, wie auch später am Holocaust-Mahnmal, eine blaue Kornblume am Revers seines Jacketts. Solche Blumen dienten zwischen 1933 und 1938 in Österreich als Erkennungszeichen der damals verbotenen Nationalsozialisten.
Schon während der Gedenkveranstaltung wurde die Teilnahme von AfD-Politikern kritisiert. Wild und AfD-Landeschef Georg Pazderski maßten sich an, wie auch der Regierende Bürgermeister zuvor, einen Teil der Namen der Reichspogromnachtopfer vorlesen zu wollen. Das verhinderte die Initiatorin des Mahnmals, Lea Rosch. Gegenüber der »B.Z.« erzählt sie, wie sie sich Wild entgegenstellte: »Ich bin zu ihm hingegangen und habe ihm gesagt: ‚Passen Sie mal auf, Sie werden hier nicht die Namen von ermordeten Juden vorlesen, das wäre Blasphemie. Sie sind von der AfD und Herr Höcke hat das Mahnmal ein Schandmal genannt und bis heute wurde das nicht zurückgenommen.'« Am Ende lasen weder Wild noch Pazderski
Am Donnerstag legten dann Grüne und LINKE mit Kritik nach. Die Ökopartei warf dem AfD-Politiker eine »widerliche Provokation« vor. »Bei solch offensichtlich rechtsextremen Entgleisungen muss die AfD Konsequenzen ziehen«, erklärte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Sie sprach von einem »Schlag ins Gesicht der jüdischen Gemeinde«.
Wild wies den Vorwurf zurück. »Dass das ein Nazi-Symbol sein soll, höre ich zum ersten Mal«, sagte der Abgeordnete. Er verweist darauf, dass die Kornblume im 19. Jahrhundert ein Symbol deutschnationaler Gruppen in Österreich gewesen sei, nicht zuletzt der sogenannten Schönerer-Bewegung. Historikern zufolge vertrat diese Bewegung antisemitische Positionen.
Berlins Integrationssenatorin Elke Breitenbach kann solche Rechtfertigung nicht nachvollziehen: »Wenn einer mit der blauen Kornblume zur Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome erscheint, ist das kein Blumenfreund, sondern eine Verhöhnung der Opfer.« fah/Agenturen
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!