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Die rechte »Swiss Connection«
Schon wiederholt fielen AfD-Funktionäre durch fragwürdige Verbindungen in die Schweiz auf
In der Öffentlichkeit erweckt die AfD den Eindruck, sie sei die einzige Partei, die Politik nicht als »Selbstbedienungsladen« begreife. Als die Große Koalition im Sommer eine Aufstockung der Parteienfinanzierung beschloss, da war die Rechte mit ihrer Kritik kaum zu halten. Die Pläne seien »unerhört und raffgierig«, der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz sprach in einer Rede im Bundestag von »räuberischer Selbstbedienung«.
Die AfD, sie betont gerne, dass sie es anders machen würde als die Anderen. Als sich die Rechtsaußenpartei im April dieses Jahres auf ihrem Bundesparteitag in Augsburg mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung auf eine Parteienstiftung einigte, fragten nicht wenige innerparteiliche Kritiker, ob die Organisation in Zukunft staatliche Gelder beziehen sollte. »Die Parteienfinanzierung über Stiftungen ist ein Misswuchs der bundesrepublikanischen Demokratie«, erklärte Konrad Adam, der im Vorstand der AfD-nahen Stiftung sitzt, schon kurz nach deren Gründung vor gut zwei Jahren. Doch der Eindruck, die Partei nehme es deshalb aus einem selbst gesteckten Anspruch heraus mit finanziellen Zuwendungen besonders genau, täuscht, wie der aktuelle Fall rund um eine 130 000 Euro Spende einer Schweizer Pharmafirma zur mutmaßlichen Unterstützung des Wahlkampfes von Alice Weidel zeigt.
Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD durch undurchsichtige Verbindungen zu den Eidgenossen auffällt, weshalb in Medienberichten von einer »Swiss Connection« die Rede ist. Die Organisation LobbyControl geht davon aus, dass die Partei für ihre Wahlkämpfe ab dem Jahr 2016 bis zur Bundestagswahl 2017 einen zweistelligen Millionenbetrag aus verdeckten Quellen erhalten hat. Eine wichtige Rolle nimmt dabei die »Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten« ein.
Der Verein mit Sitz in Stuttgart unterstützte die AfD wiederholt mit Plakaten und Internetanzeigen und ließ auch bei mehreren Landtagswahlen die Werbezeitung »Extrablatt« in Millionenauflage verteilen. Die Namensgleichheit mit einem Pendant aus der Schweiz ist kein Zufall. Verantwortlich für die Gestaltung war Alexander Segert, der mit seiner Schweizer Werbeagentur Goal AG auch schon für die rechte Schweizer Volkspartei im Wahlkampf mitmischte. Lange Zeit bestritt die AfD, es gäbe direkte Verbindungen und Absprachen zwischen der Partei und Segert. Gäbe es diese, müsste die daraus folgenden Unterstützungen nicht nur im Rechenschaftsbericht der AfD auftauchen, sondern auch an die Bundestagsverwaltung gemeldet werden.
Doch bisher ging es dabei nicht um Millionenbeträge, sondern nur um einige tausend Euro, genauer gesagt eine Summe von 5352,25 Euro. Diese überwies die Partei im August an die Bundeskasse, da sich in zwei Fällen offenbar nicht mehr leugnen ließ, dass es sich um »unzulässige Spenden« handelt. Fallen diese auf, muss das Geld laut Parteiengesetz »unverzüglich« an den Bundestagspräsidenten weitergeleitet werden. In beiden Fällen ging es wieder um die Goal AG, die einerseits eine Website für Parteichef Jörg Meuthen erstellte und ihn zudem mit Anzeigen und Plakaten bei seiner Direktkandidatur für den baden-württembergischen Landtag im Jahr 2016 unterstützte. Um eine größere Summe geht es im Fall des AfD-Mannes Guido Reil. Auch er ließ sich wie Meuthen durch die Goal AG mit Plakaten im NRW-Landtagswahlkampf unterstützen. Wie das Recherchenetzwerk »Correctiv« berichtete, hätten die Schweizer Reil gesagt, dass die Kampagne bezahlt worden sei, nannten dabei aber keine Auftraggeber. Reil habe den Wert der Unterstützung laut »Correctiv« später mit 50 000 Euro beziffert. Weil die Spender damit anonym bleiben und dies nach dem Parteiengesetz illegal ist, müsste der Gegenwert der Wahlkampfhilfe wie im Fall von Meuthen an die Bundestagsverwaltung gehen. Das ist aber bis jetzt nicht passiert.
»Die AfD hat offensichtlich ein systematisches Problem mit der Einhaltung des Parteienrechts«, so Ulrich Müller, Experte bei Lobbycontrol. Nach Meuthen ist Weidel nun der zweite prominente Fall vom wirtschaftsliberalen Flügel, der von Geldern aus der Schweiz profitiert habe. Und auch die AfD-Fraktionschefin fällt damit nicht zum ersten Mal durch Verbindungen zu fragwürdigen Unterstützern auf. Bekannt ist etwa, dass Weidel 2017 gemeinsam mit David Bendels, dem Vorsitzenden des Suttgarter AfD-Unterstützervereins, beim Politischen Aschermittwoch der AfD Böblingen auftrat. Auch mit anderen Spitzenkräften der Partei, darunter etwa Alexander Gauland, ließ sich Bendels bereits blicken.
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