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Was für ein Farbenspiel!

Lafcadio Hearn: Eine Antillen-Reise am Ende des 19. Jahrhunderts

  • Friedemann Kluge
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn es je ein »Multikulti« gab, das sich in einer einzigen Person konzentrierte, dann hat es sich den Schriftsteller Lafcadio Hearn ausgesucht: Sohn eines Iren und einer Griechin, in England aufgewachsen, in die USA gezogen, dann in Japan eine Japanerin geheiratet und sowohl die japanische Staatsbürgerschaft als auch einen japanischen Namen angenommen. Während seiner nordamerikanischen Zeit (1869-1890) unternimmt Hearn im Jahre 1887 eine knapp zweimonatige Sommerreise mit dem Dampfschiff Barracouta entlang der Kleinen Antillen. Hier, zwischen Santa Cruz und Trinidad, entstehen seine Tagebuchaufzeichnungen, die eine Welt beschwören und beschwärmen, wie es sie heute selbst in diesem paradiesisch anmutenden Weltwinkel kaum noch gibt.

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Lafcadio Hearn: Die Inseln über dem Winde. Eine Sommerreise
A. d. Engl. v. Alexander Pechmann. Jung und Jung, 136 S., geb., 20 €.

Das Erstaunlichste an diesem Büchlein: Obwohl sich viele Dinge von Insel zu Insel wiederholen (Erhebungen vulkanischen Ursprungs, Tropenwälder, braune Menschen, malerische Städtchen etc.), wird die Lektüre dank des Sprachreichtums, des Erzählvermögens des Autors nicht einen Augenblick langweilig, im Gegenteil: Stets fiebert man mit dem Reisenden, was diesem wohl als Nächstes in Geografie und Geologie, in Flora und Fauna oder in der Vielfalt karibischer Ethnien begegnen mag!

Schwärmerei - das ist das eine. Aber Hearn legte schon damals auch den Finger auf die Wunden der Umweltvernichtung: »Wunder, die in hundert Generationen nicht ersetzt werden können, wurden gefällt und zu Holzkohle für die Amtsstuben verarbeitet.« Fallen uns da nicht Parallelen zu Heutigem ein?

Diese Aufzeichnungen sind ein Muss für Liebhaber historischer Reiseliteratur, ein Darf für alle Freunde von - im Wortsinne - farbigsten Erlebnisbeschreibungen. Selbst ein solch eloquenter Autor wie Hearn verzweifelt bisweilen an seinem Wörtermangel: »Die Schönheit dieser Wälder zu beschreiben ... erscheint mir schier unmöglich; - es sind Formen und Farben, die, um ihnen gerecht zu werden, nach der Erschaffung neuer Wörter zu verlangen scheinen.« Oder, wie er es in einem Brief an den Freund Henry Edward Krehbiel formuliert, der den Notizen am Ende beigefügt ist: »Das Kunstempfinden wird durch ein Farbenspiel betäubt, das kein Künstler malen kann; und die philosophische Vernunft erlahmt unter dem ständigen Zustrom fremdartiger Wahrnehmungen.« Am Ende der Reise entstehen nicht nur diese faszinierenden Impressionen; sie regt Hearn auch zu einer seiner wertvollsten literarischen Schöpfungen an: »Youma«, in deutscher Sprache wieder erschienen 2016.

Damit der Leser sich in dem Puzzle aus kleinen und kleinsten Inseln zurechtfindet, enthält das Buch auf den Vorsätzen dankenswerter Weise farbige Karten der bereisten Gebiete.

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