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Ehrentag statt Kampftag

Die Entscheidung ist getroffen: Der Internationale Frauentag, der 8. März, wird in Berlin gesetzlicher Feiertag. Aus der Zivilgesellschaft gibt es für die Entscheidung Lob, aber auch Kritik.

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 4 Min.

In Afghanistan, Uganda, Georgien gibt es ihn schon, nun bald wird auch in Berlin der Internationale Frauentag am 8. März gesetzlicher Feiertag. So hat es die rot-rot-grüne Regierungskoalition in der Hauptstadt beschlossen. Nachdem sich zuvor schon SPD und LINKE auf dieses Datum geeinigt hatten, sprach sich am vergangenen Wochenende auch eine Mehrheit der Berliner Grünen auf ihrem Landesparteitag für die Einführung des Frauentags als neuen gesetzlichen Feiertag aus.

Damit der neue arbeitsfreie Tag schon 2019 begangen werden kann, muss nun schnell ein entsprechender Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht und beschlossen werden. Die Koalition will Druck machen, fällt der 8. März im nächsten Jahr doch auf einen Freitag und wäre damit für das Feiertagsjubiläum prädestiniert. 2020 hingegen ist der 8. März ein Sonntag.

Die stellvertretende Berliner SPD-Vorsitzende, Iris Spranger, ist zuversichtlich, dass die Hauptstädter schon im kommenden Jahr am 8. März frei machen können. »Wir bekommen das hin«, sagt Spranger. Die Kreisvorsitzende aus dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf war die Ideengeberin für den Frauentag als Feiertag. Sie hat nicht nur in ihrer Partei fleißig für den 8. März geworben, sondern auch eine Petition im Internet gestartet. Bis Redaktionsschluss unterstützten fast 30 000 Menschen die Initiative.

»Es ist an der Zeit, die Frauen - und damit 51 Prozent der Bevölkerung - mit einem Ehrentag zu würdigen«, sagt Spranger. Der 8. März sei ein Tag für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht und Religion und stehe für Respekt gegenüber Frauen. »Auch heute ist die vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter noch nicht Realität«, meint Spranger. »Daher wünsche ich mir, dass am 8. März ernsthaft über Emanzipation und Chancengleichheit in Alltag und Beruf diskutiert wird.«

In der Zivilgesellschaft sind die Reaktionen auf die Entscheidung von Rot-Rot-Grün gemischt. Der Chef der Berliner Bildungsgewerkschaft GEW, Tom Erdmann, ist voll des Lobes. »Als mehrheitlich weibliche Organisation unterstützt die GEW die Entscheidung, den 8. März als gesetzlichen Feiertag einzuführen.« Das Datum eigne sich, um die Themen Gleichberechtigung und sexuelle Selbstbestimmung zu thematisieren. »Wir fänden es toll, wenn die Schulen diese Themen um den neuen Feiertag diskutieren würden«, sagt Erdmann.

Das Berliner Frauenstreik-Bündnis hingegen fordert die Parteien auf, dass der 8. März Kampftag der Frauen bleiben soll. »Es ist klar, dass wir als arbeitende Frauen mehr gesetzliche Feiertage wollen, aber nicht an unserem internationalen Kampftag«, so das Bündnis.

Etwas anders sieht das die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Landesbischof Markus Dröge hatte sich in der Debatte stets für den Reformationstag am 31. Oktober stark gemacht. Grundsätzlich halte die Kirche auch weiterhin an dieser Forderung fest, wie EKBO-Sprecherin Heike Krohn-Bräuer erklärt. »Die Reformation hat unser Land so weitreichend verändert wie kaum ein anderes Ereignis.« Sie habe unter anderem ein modernes Verständnis von Menschenwürde mitbegründet. »Wir setzen uns weiterhin für den Reformationstag als Feiertag ein, der nicht nur in allen neuen Bundesländern, sondern nun auch im gesamten Norden arbeitsfrei ist«, erklärt Krohn-Bräuer.

In der Berliner Jüdischen Gemeinde ist man mit Blick auf den 8. März hin und her gerissen. »Ich finde es generell unterstützenswert, wenn Feiertage dafür genutzt werden, gesellschaftliche Ungleichgewichte gerade zu rücken«, sagt Mike Samuel Delberg, Mitglied der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde. »Am 8. März für die Rechte der Frauen einzustehen, ist wichtig.« Auf der anderen Seite gebe es in Deutschland bislang keinen offiziellen Feiertag mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg. Delberg hätte sich den 8. Mai, den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus, als neuen gesetzlichen Feiertag gewünscht. »Das wäre ein symbolträchtiger Schritt für die jüdische Gemeinschaft in der Hauptstadt gewesen.«

Der Idee, den 8. Mai zum Feiertag zu machen, schließt sich die Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) an. Landesgeschäftsführer Markus Tervooren fordert für die Hauptstadt »bayerische Verhältnisse«, wo es 13 gesetzliche Feiertage gibt. »Unsere Reihenfolge wäre gewesen, in Berlin 2019 zuerst den 8. Mai und 2020 dann den 8. März als gesetzliche arbeitsfreie Feiertage einzuführen«, sagt Tervooren. Gegen einen weiteren arbeitsfreien Tag hätte in der Hauptstadt, in der es bisher nur neun gesetzliche Feiertage gibt, wohl niemand etwas einzuwenden.

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