Klimaschutz im Visier der Rechten

Susanne Götze hält globale Konferenzen wie aktuell in Katowice für ein Lehrstück in globaler Demokratie

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 4 Min.

Vielleicht wird man einmal sagen: Am 8. November 2016 begann der Niedergang einer weltweit einmaligen Kooperation zwischen allen Ländern. Denn an diesem Tag wählten die US-Amerikaner Donald Trump zum Präsidenten. Keine sieben Monate später ordnete der bekennende Klimaleugner den Austritt der USA aus dem UN-Klimavertrag an. Die Stimmung auf den jährlichen Klimakonferenzen, die seit 2015 die Umsetzung des UN-Vertrages verhandeln, wandelte sich: Zuerst saß der Schock tief, dann wurde Einheit demonstriert. Doch damit war der Schreck nicht vorbei. Keine anderthalb Jahre später sitzen heute Klimaleugner in vielen europäischen Regierungen. Auch die AfD will aus dem Abkommen aussteigen. Rechte aller Länder hetzen gegen das UN-Klimasekretariat. Und zu allem Überfluss wählte das klimapolitische Schwergewicht Brasilien ebenfalls einen rechten Klimaleugner zum Präsidenten, der bereits die nächstes Jahr in Rio de Janeiro geplante UN-Klimakonferenz absagte. Immer mehr wird klar, dass das »Momentum von Paris« - damit umschreiben die UN-Verhandler den einstimmigen Beschluss des Weltklimavertrages im Jahr 2015 - wirklich nur ein Momentum war.

Da ist es kein Zufall, dass gerade jetzt, wo die Klimadiplomatie in ernsten Schwierigkeiten steckt, der Ruf der Rechten und Konservativen nach einem Ende der Klimakonferenzen erschallt. Sie nutzen die Gunst der Stunde, um das angeschlagene Weltklimaparlament weiter zu schwächen. So ließ es sich Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) nicht nehmen, nach der Absage Brasiliens selbst Stimmung gegen die jährlichen Konferenzen zu machen. Statt sich bestürzt darüber zu zeigen, dass rechte Präsidenten gegebene Zusagen in den Wind schicken, legt der Minister gleich nach: Es sei ein Unding, dass die Umsetzung des Paris-Abkommens drei Jahre brauche. Deshalb wolle er den jährlichen Turnus der UN-Klimatreffen abschaffen.

Auf diese Nachricht hat die Springer-Presse nur gewartet. Unter dem Titel »Wegen fehlender Ergebnisse: Mit dem Klimagipfelparadox soll jetzt Schluss sein« listet sie auf, wie »ineffizient« und kostspielig die jährlichen COPs denn seien. Der Minister wolle endlich Schluss machen mit dem »unergiebigen Konferenztrubel«. Mit entsprechenden »Beweisen« versucht die »Welt« Müller beizuspringen: 60 Millionen Euro habe die COP23 im vorherigen Jahr in Bonn gekostet, die Deutschland vertretungsweise für die Fidschi-Inseln ausrichtete, klagt das klimaschutzskeptische Blatt. Halten wir fest: 60 Millionen Euro für ein zweiwöchiges Treffen von 20.000 Diplomaten, Politiker, Wirtschafts-, Zivilgesellschafts- und Pressevertreter aus rund 200 Staaten.

Das mag viel erscheinen - aber nur, wenn man sich bei Großveranstaltungen nicht auskennt: Erinnert sei an den zweitägigen G20-Gipfel in Hamburg: Dort haben sich 19 Staat- und Regierungschefs und der EU-Präsident und ihre Stäbe im Juli 2017 getroffen - das sind etwas über zehn Prozent der Teilnehmer einer COP und nur ein Bruchteil der Tagungszeit. Über 130 Millionen Euro sollen allein Bund und Länder für den Gipfel berappt haben. Auch der ebenso »produktive« G7-Gipfel im schicken Schloss Elmau 2015 kostete schlappe 113 Millionen Euro - und das war immerhin nur ein Kamingespräch für sieben »auserwählte« Staats- und Regierungschefs. Output: Ansichtserklärungen, die das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Warum die Elite der reichsten Länder sich abgeschirmt von wütenden Protesten überhaupt treffen muss, ist im Gegensatz zu den handfesten Verpflichtungen der Staaten beim Klimaschutz nicht einzusehen.

Man mag die Verhandlungen der Klimadiplomaten für langsam und undurchsichtig halten. Nicht zu vergessen ist aber, dass hier die gesamte Welt das erste Mal in der Geschichte der Menschheit an einem gemeinsamen Regelbuch arbeitet, das für die nächsten Jahrzehnte gelten soll. Innerhalb eines Jahres ratifizierten nach der COP in Paris fast alle Staaten den Vertrag - ein Rekord. Auch drei Jahre für die Ausarbeitung von Regeln ist ein ehrgeiziges Ziel - besonders angesichts dessen, dass es nicht nur um Kontrolle, sondern auch um Milliarden Euro geht, die verteilt werden sollen. Und schließlich geht es um nichts Geringeres als darum, dass sich rund 200 Staaten gemeinsame Ziele auferlegen - und das in einem gleichberechtigten Dialog. Es geht um Wandel, Erneuerung und nicht zuletzt um Gerechtigkeit. Da ist es kein Wunder, dass Rechte und Konservative alles tun, um diese globale Klimademokratie auszubremsen.

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