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Frackingindustrie profitiert von Trump
In den USA wird dank Deregulierung an deutlich mehr Stellen Öl und Gas gefördert - wann platzt die Spekulationsblase?
Der anhaltende Frackingboom in den USA wirft die Frage auf, ob es sich hierbei nicht um eine Blase handelt. Seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump im Jahr 2017 sind die Pachtverträge für Ölförderrechte auf bundeseigenen Ländereien auf 12,8 Millionen Hektar angestiegen, wie der unabhängige Think-Tank »Taxpayers for Common Sense« errechnet hat. Im letzten Amtsjahr von Barack Obama waren es nur rund zwei Millionen Hektar. Die US-Regierung verwaltet rund 700 Millionen Hektar öffentliches Land in zwölf Bundesstaaten vor allem im Westen der USA.
Dazu gehört Wyoming, wo sich die Zahl der Frackingbohrungen seit 2016 auf 30 verdoppelt hat. »Das Powder River Basin etabliert sich schnell als Wachstumsmotor des Unternehmens«, schrieb der Förderer Chesapeake Energy kürzlich an die Investoren und fügte hinzu, dass sich die Öl- und Gasförderung in der Region im nächsten Jahr verdoppeln werde. Für die Regierung des bevölkerungsärmsten US-Staates ist dies ein Glücksfall: Wyoming erhielt im vergangenen Jahr 669 Millionen Dollar an Lizenzgebühren aus Energieexplorationen. Mit diesem Geld werden Schulen, Straßen und andere öffentliche Dienstleistungen finanziert. Pachtverträge bringen aber auch der Bundesregierung viel Geld ein. Ein Gebot für öffentliches Land in New Mexico brachte jüngst eine Milliarde Dollar ein - mehr als alle Pachteinnahmen des Bundes im Jahr davor.
Das Wachstum fällt mit einer massiven Deregulierungsbemühung des Weißen Hauses und Trumps republikanischen Verbündeten im Kongress zusammen. So wurden im September Gesetze zum Schutz gefährdeter Arten abgeschwächt und Verbote, das extrem klimaschädliche Treibhausgas Methan bei der Förderung abzufackeln, aufgehoben. Die Frackingbranche ist natürlich voll des Lobes: »Die Beseitigung bürokratischer Hindernisse für eine verantwortungsbewusste Öl- und Gasentwicklung wird das Beschäftigungswachstum in den USA fördern, die Energieerzeugung verbessern, unsere nationale Sicherheit stärken sowie die Einnahmen für Bundes-, Staats- und Stammesregierungen erhöhen«, sagte der Präsident der Independent Petroleum Association of America, Barry Russell.
Naturschutzgruppen reichten dagegen Klage ein mit der Begründung, die Beamten hätten die Umweltrisiken des Förderverfahrens, bei dem Öl und Gas mit Hilfe eines unter Hochdruck eingeschossenen Wasser-Chemikalien-Gemisches aus dem Gestein gepresst wird, von Erdbeben über Luftverschmutzung bis hin zur Zerstörung von Lebensräumen nicht richtig abgewogen. »Die Bohr- und Frackingagenda der Trump-Administration ist eine Katastrophe für Menschen und Tiere gleichermaßen«, sagt Diana Dascalu-Joffe vom Center for Biological Diversity. In linksgerichteten Staaten wie New York wurde das Fracking dagegen begrenzt. Bei einem Referendum in Colorado lehnte eine knappe Mehrheit Beschränkungen aber ab.
Letztendlich werden wohl nicht Klagen oder Politiker das Fracking stoppen, sondern das Großkapital. Beobachter sprechen bezüglich der Ölförderung in den USA von einer Spekulationsblase, die demnächst platzen werde, da Investoren seit Jahren riesige Summen in die Branche pumpen und nur wenig zurückfließt. Allein Chesapeake Energy verkaufte für 16,4 Milliarden Dollar Aktien und nahm 15,5 Milliarden Dollar Schulden auf, berichtete der Informationsdienst Thomson Reuters. Laut der Enthüllungsjournalistin Bethany McLean hat das Unternehmen weitere 30 Milliarden mit Schuldscheinen eingesammelt, die mit zukünftigen Verkäufen von Erdgas zurückgezahlt werden sollen. Alles hängt daher am Ölpreis. Als Saudi-Arabien und die OPEC 2016 die Förderung anhoben, was zu einem starken Preisrückgang führte, bekam Chesapeake echte Probleme. Der damalige Konzernchef Aubrey McClendon starb einen Tag nach einer Anklage wegen Betrugs bei einem Autounfall in Oklahoma City - Indizien deuten auf einen Selbstmord hin.
Der jüngste OPEC-Beschluss, die Ölförderung zu reduzieren, um die zuletzt stark gefallenen Preise wieder zu stabilisieren, kommt den US-Frackingunternehmen natürlich gelegen. Das Center on Global Energy Policy der Universität Columbia hat festgestellt, dass sie schon 2015 einen Schuldenberg von 200 Milliarden Dollar mit sich herumschleppten. Angesichts des Frackingbooms dürfte die Verschuldung nicht nachgelassen haben. Gleichzeitig hatten die 60 größten Unternehmen der Branche zwischen 2012 und 2017 einen negativen Cashflow von neun Milliarden US-Dollar - pro Quartal.
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