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- Hefenapfkuchen
Vitamine im Hefekuchen
Biologie zu Weihnachten
Seit Kindheitstagen gehört er für mich zum Weihnachtsfest dazu - der Hefenapfkuchen. Schön saftig muss er sein und mit viel Rosinen.
Die Hefe, die den Teig so luftig macht, ist zugleich eine gute Quelle für nahezu alle Vitamine, die man als B-Komplex zusammenfasst: Thiamin (B1), Riboflavin (B2), Pyridoxin (B6), Pantothen, Biotin, Folsäure und Niacin. Allein das Cobalamin (B12) fehlt. Chemisch haben diese Vitamine nur die Wasserlöslichkeit gemein. Doch sie eint, dass sie unverzichtbare Bestandteile von Coenzymen sind. Ohne die Hilfe dieser kleinen organischen Moleküle könnten viele Enzyme ihre Funktion als Biokatalysatoren in unserem Stoffwechsel nicht erfüllen.
Besonders reich ist Hefe an Niacin. Das dient als Grundbaustein zweier Coenzyme, die in jeder Zelle benötigt werden. Beide können Wasserstoff in einer ungewöhnlichen Form transportieren - mit zwei Elektronen beladen, als negativ geladenes Hydrid-Ion. Eines dieser Coenzyme ist unverzichtbar für die Nutzung all unserer Kalorienlieferanten: von Glucose und Fetten ebenso wie von Aminosäuren oder selbst Alkohol. In den Zellkraftwerken, den Mitochondrien, speisen sie deren Wasserstoff in die Atmungskette ein. Nur so können wir mit der zum Leben benötigten Energie versorgt werden. Deshalb steigt unser Niacinbedarf auch mit Kalorienzufuhr und körperlicher Aktivität.
Das zweite Niacin-basierte Coenzym überträgt Wasserstoff bei Synthesen - etwa von Fettsäuren oder Cholesterin. Auch in der Immunabwehr, bei der Bildung keimtötender Radikale, wird es gebraucht.
Genau besehen ist Niacin allerdings gar kein Vitamin. Wir können es durchaus selbst synthetisieren. Allerdings bedarf es dazu des Tryptophans, einer Aminosäure, die sich in Eiweißen findet und die wir nicht selbst herstellen können. Die Niacin-Mangelkrankheit Pellagra tritt deshalb vor allem dort auf, wo es neben dem Niacin an Tryptophan mangelt. Das sind vorwiegend Gebiete, in denen die Bevölkerung sich hauptsächlich von Mais ernährt. Dessen Eiweiß enthält kaum Tryptophan. Wie alle Pflanzen bildet zwar auch Mais Niacin. Doch während bei anderem Getreide oder Obst und Gemüse wenigstens ein Teil davon während der Verdauung frei gesetzt wird, ist das bei Mais nicht der Fall. Das Niacin ist beim Mais so fest gebunden, dass es nur durch stundenlanges Vorbehandeln mit Kalk herausgelöst werden kann. In der Ursprungsregion des Mais, bei den Mayas, kannte man diesen Trick. Deshalb litt man dort - so wie auch heute die Mexikaner - trotz vieler Mais-Tortillas nicht an Pellagra.
Das zeigt einmal mehr, wie kompliziert und ineinander greifend die Verflechtung zwischen Vitaminen und anderen Nahrungsstoffen einerseits und der Zubereitung andererseits ist. Oft ist es schwer, solche Komplexität zu erfassen.
Fast 20 Milligramm Niacin benötigen wir täglich. Das ist sehr viel für ein B-Vitamin. Trotzdem ist Niacin in unseren Landen praktisch kein Mangelvitamin. Mit seinem Weizenmehl und der Hefe trägt ein weihnachtlicher Napfkuchen durchaus dazu bei.
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