- Politik
- Eliteuniversitäten
Wenn der Professor lieber am Eliteantrag feilt
Studentenvertreter kritisieren wegen Arbeit an Förderanträgen wird die Lehre vernachlässigt / Asta Uni Köln: Brauchen insgesamt bessere Hochschulfinanzierung
Berlin. Studentenvertreter warnen vor einer ungerechten Verteilung von Forschungsgeldern - auch mit Blick auf weitere Elite-Universitäten. »Unis, die eigentlich Gelder für ihre Entwicklung benötigen, werden vernachlässigt«, beklagt etwa der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Hamburger Uni in einer gemeinsam verfassten Stellungnahme. Dies könne zu einem Zwei-Klassen-System führen. Studentenvertreter anderer Hochschulen befürchten außerdem, durch die gezielte Förderung der Forschung könnte die Lehre zu kurz kommen. Hochschulleitungen und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) weisen diese Sorgen zurück.
Die Exzellenzstrategie von Bund und Ländern ist die Fortsetzung der 2005/06 gestarteten Exzellenzinitiative. Mit Fördermitteln in Höhe von fast 2,7 Milliarden Euro sollen über einen Zeitraum von sieben Jahren herausragende Forschungsprojekte belohnt werden, damit Universitäten ihre Profile stärken und international wettbewerbsfähiger werden können. Im September hatten Bund und Länder 57 so genannte Exzellenzcluster an 34 Universitäten ausgezeichnet. Zu den Themen der Forschungsprojekte zählen Klimawandel, Präzisionsmedizin und computerbasiertes Bauen. Im kommenden Jahr sollen weitere Einrichtungen für herausragende Zukunftskonzepte zu »Exzellenzuniversitäten« gekürt werden.
Jeden Tag lesen rund 25.000 Menschen unsere Artikel im Internet, schon 2600 Digitalabonennt*innen und über 500 Online-Leser unterstützen uns regelmäßig finanziell. Das ist gut, aber da geht noch mehr! Damit wir weiterhin die Themen recherchieren können, die andere ignorieren und euch interessieren. Hier mitmachen!
Der Präsident der Universität Hamburg, die im September Mittel für vier Projekte eingeworben hatte und sich nun um den Exzellenz-Status bewirbt, sieht die Gefahr eines Zwei-Klassen-Systems nicht. »Wenn überhaupt, dann handelt es sich um ein differenziertes System mit unterschiedlichen Aufgaben«, sagt Hochschulpräsident Dieter Lenzen.
Studentenvertreter kritisieren an der Exzellenzstrategie auch, dass Professoren zuviel Energie in die Arbeit an Förderanträgen steckten. Für die Lehre bleibe da oft zu wenig Zeit. Werden dann Gelder bewilligt, würden herausragende Wissenschaftler oft von der Lehre befreit und deren Seminare und Veranstaltungen von Doktoranden geleitet. »Es handelt sich um eine rein auf die Forschung ausgelegte Förderung. Da profitieren die Studierenden vielleicht um viele Ecken herum, aber eigentlich auch nicht«, sagt der Referent für Hochschulpolitik beim Asta der Universität Bonn, Tobias Eisenach.
Elite-Universitäten bringen nach Meinung von Hochschulpräsident Lenzen aber auch Vorteile für Studenten: Es gebe mehr Gelegenheiten, mit Spitzenwissenschaftlern zusammenzuarbeiten sowie die Möglichkeit, eine Doktorarbeit zu einem hochaktuellen Thema zu schreiben. »Für den Lebenslauf dürfte das Studium an einer Universität mit Exzellenzbereichen zumindest nicht schädlich sein«, sagt Lenzen. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geht davon aus, dass »exzellente Forschung an den Universitäten« positiv auf die Lehre ausstrahlt, wie DFG-Sprecher Marco Finetti sagt.
An der Kölner Uni, die sich seit 2012 »Exzellenzuniversität« nennen darf, sei davon im täglichen Studienbetrieb wenig zu sehen, sagt Asta-Sprecher Florian Puttkamer. Er selbst habe schon dort studiert, als die Uni noch nicht zur Elite gehört habe. »Ich habe da ganz ehrlich keinen Unterschied gemerkt«, sagt er. Noch immer fehlten an allen Ecken Mittel für die rund 50 000 Studenten.
Die beste Lösung zur Verbesserung der Situation an Hochschulen wäre aus Sicht von Asta-Referent Eisenach eine rundum bessere Finanzierung: Nur dadurch und durch ein vernünftiges Hochschulgesetz lasse sich sicherstellen, dass die Lehre genau so viel Stellenwert bekomme wie die Forschung. Oder doch eine Exzellenzinitiative für die Lehre? »Das unterschreibe ich sofort«, sagt sein Kölner Kollege Puttkamer. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.