Bolsonaros Geschenk an die Agrarlobby

Brasiliens neuer Präsident unterstellt Schutzgebiete für Indigene dem Landwirtschaftsministerium

  • Lesedauer: 3 Min.

Brasilia. In Brasilien weht nach dem Amtsantritt des neuen rechten Präsidenten Jair Bolsonaro ein neuer Wind. Schon wenige Stunden nach seinem Amtseid am Neujahrstag übertrug er die Verantwortung für die Schutzgebiete der indigenen und afrobrasilianischen Gemeinschaften dem Landwirtschaftsministerium.

Neue Chefin des Ressort ist Tereza Cristina, die zuvor die Landwirtschaftsgruppe im Parlament geführt hatte. Die Agrarlobbyistin dürfte wenig Interesse an Umweltschutz haben. Wie ihr Chef Bolsonaro setzt sie auf eine intensive wirtschaftliche Nutzung.

Bereits im Wahlkampf hatte Bolsonaro angekündigt, keine weiteren Schutzgebiete auszuweisen. Indigene in ihren Schutzgebieten seien wie »Tiere im Zoo« sagte der Ex-Militär einmal. Agrarunternehmer hatten sich immer wieder beschwert, das bislang zuständige Amt für indigene Angelegenheiten (Funai) verfüge über zu viel Macht.

»Über 15 Prozent des Staatsgebiets sind als Schutzgebiete für Indigene und Afrobrasilianer ausgewiesen. Weniger als eine Million Menschen leben an diesen wirklich isolierten Orten, ausgebeutet und manipuliert von Nichtregierungsorganisationen«, schrieb Bolsonaro am Mittwoch auf Twitter.

Der Richtungswechsel dürfte auch den internationalen Klimaschutz in Gefahr bringen, da sich die indigenen Gemeinschaften Brasiliens traditionell als »Hüter des Waldes« verstehen und Widerstand gegen dessen großflächige Abholzung leisten. Zudem liebäugelt Bolsonaro mit einem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Dabei kommt Brasilien im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle zu, da das Amazonasgebiet als CO2-Speicher von globaler Bedeutung ist.

Auch in anderen Bereichen steht das fünftgrößte Land der Welt vor einem starken Rechtsruck. »Heute ist der Tag, an dem die Menschen beginnen, sich vom Sozialismus, vom staatlichen Gigantismus und dem politisch Korrekten zu befreien«, sagte der Ex-Militär Bolsonaro bei seiner Amtseinführung. Seine Anhänger feierten den Amtsantritt auf den Straßen und Plätzen. Sie skandierten: »Der Hauptmann ist gekommen.« Schon während des Wahlkampfes waren Andersdenkende durch Bolsanero-Anhänger bedroht worden.

Angesichts von Bolsonaros Ausfällen gegen Schwarze, Indigene und Homosexuelle und seiner Faszination für die Militärdiktatur sehen viele in dem früheren Fallschirmjäger eine Gefahr für die noch junge Demokratie Brasiliens. »Der neue Präsident ist mit einem Diskurs an die Macht gekommen, der sich offen gegen die Menschenrechte und gegen die historisch ungeschützten Gruppen der Bevölkerung richtet«, schrieb die Amerika-Chefin von Amnesty International, Erika Guevara-Rosas, auf Twitter.

Lob kam von Bolsonaros Vorbild Donald Trump. »Glückwunsch an Präsident Jair Bolsonaro, der gerade eine großartige Rede zur Amtseinführung gehalten hat - die USA sind bei Ihnen!«, schrieb der US-Präsident auf Twitter. Bolsonaro revanchierte sich umgehend: »Lieber Präsident Trump, ich weiß Ihre ermutigenden Worte wirklich zu schätzen. Gemeinsam und unter Gottes Schutz werden wir unseren Völkern Wohlstand und Fortschritt bringen.«

Die Ideologie des neuen Staatschefs wird als »Bala, Boi e Bíblia« (Kugel, Vieh und Bibel) beschrieben. Evangelikale Christen, nationalistische Militärs, hemdsärmelige Agrarunternehmer und die neoliberale Wirtschaftselite unterstützten seinen Wahlkampf. Welche dieser Gruppen - mit zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen - während Bolsonaros Amtszeit den Ton angeben wird, ist noch unklar.

»Er übernimmt Brasilien in schwierigen Zeiten«, sagt Peter Hakim vom Forschungsinstitut Inter-American Dialogue. »Er muss Koalitionen bilden, da seine Partei nur über zehn Prozent der Sitze im Parlament verfügt. Gelingt ihm das nicht, wird er Probleme haben, seine Politik umzusetzen.«

In seiner Rede kündigte Bolsonaro einen »nationalen Pakt« an, um Brasilien voranzubringen. In den kommenden vier Jahren will er die weit verbreitete Korruption bekämpfen, Kriminalität eindämmen, das Waffenrecht liberalisieren und die Wirtschaft ankurbeln. Zu seinem Kabinett gehören der prominente Korruptionsermittler Sergio Moro und der ultraliberale Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes. Unter seinen Ministern sind zudem sieben Ex-Militärs. dpa/nd

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