Werbung

Identitäre greifen Verlags- und Parteihäuser an

Ermittlungen nach bundesweiter Plakataktion von extrem rechter Gruppe / Übergriff auf »taz«-Mitarbeiterin

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie sind nur wenige. Durch provokante Aktionen wollen sie dennoch eine große Resonanz erzielen und sich stärker inszenieren, als sie in Wirklichkeit sind. Mit ihrer üblichen Medienstrategie hatten Anhänger der neurechten »Identitären Bewegung« am Montag nach eigener Aussage »bundesweite Aktionen gegen linke Gewalt« durchgeführt. In den Morgenstunden zogen Gruppen durch mehrere Städte, um Plakate an den Gebäuden von Parteien und Verlagen anzubringen. Auf vielen Fotos: Das Bild des verletzten Bremer AfD-Landeschefs Frank Magnitz.

In Berlin wurden die Identitären dann jedoch selber gewalttätig. Vor dem Verlagshaus der »taz« griffen sie eine Mitarbeiterin an und drängten sie ab. Ein Video des Übergriffs veröffentlichten sie selbst auf Twitter. Den Vorwurf der Körperverletzung wiesen sie zurück.

Nach Angaben der Zeitung kam die betroffene Kollegin gegen acht Uhr zur Arbeit, als sie am Eingang rund sechs Identitäre beim Anbringen der Plakate erwischte. Auch Flugblätter und Pflastersteine seien auf dem Boden drapiert gewesen. Als die Mitarbeiterin die Gruppe an ihrer Aktion hindern wollte, habe man sie »gepackt und am Oberkörper getroffen«. Der Berliner Staatsschutz hat Ermittlungen wegen Hausfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung aufgenommen.

»Wir sind sehr verärgert über die Aktion der Identitären, für die attackierte Kollegin war es eine schwierige Situation«, sagte die stellvertretende »taz«-Chefredakteurin Barbara Junge gegenüber »nd«. »Gleichzeitig sind wir auch stolz auf unsere Mitarbeiterin - sie hat gezeigt, dass wir uns so etwas nicht gefallen lassen.«

Die Identitären hatten in Berlin auch am ARD-Hauptstadtstudio, dem Parteibüro der Grünen und am Willy-Brandt-Haus der SPD Aktionen durchgeführt. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), verurteilte die Angriffe scharf. »Diese bundesweite Attacke auf Parteien und Medien zeigt auf, wer und was diesen Leuten ein Dorn im Auge ist: die Repräsentanten unserer parlamentarischen Demokratie.« Leute wie die Identitären wollten ein Deutschland, in dem Freiheiten und Grundrechte nicht mehr gelten, so Müller. »Dem müssen sich alle Demokratinnen und Demokraten entgegenstellen.«

Weitere Aktionen der Identitären gab es unter anderem in Hamburg vor dem Büro des »Spiegel« sowie vor den Büros der Bundestagsabgeordneten Victor Perli (LINKE, Lüneburg), Claudia Roth (Grüne, Augsburg) und Hilde Mattheis (SPD, Ulm). »Mit eurer Kindergarten-Aktion habt ihr lediglich mal wieder eure anti-demokratische Gesinnung unter Beweis gestellt«, schrieb Mattheis auf Twitter. In Dresden verübten Rechte nach Angaben der Initiative »Straßengezwitscher« Farbanschläge auf Büros von Linkspartei und SPD.

Pech hatten Identitäre in Frankfurt am Main. Eine Gruppe wollte hier Plakate an ein Bürogebäude kleben, in dem unter anderem die »Frankfurter Rundschau« (FR) ihren Sitz hat. Die Polizei war jedoch schon vor Ort und konnte zehn Personen festhalten. Der »FR«-Redakteur Hanning Voigts betonte, dass man sich nicht einschüchtern lassen werde: »Nazis veröffentlichen unsere Namen auf Feindeslisten. Nazis schreiben uns Drohmails und bepöbeln uns. Faschisten beschmieren unsere Büros. Und wir machen weiter.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.