Parität soll Gesetz werden

100 Jahre Frauenwahlrecht und noch viel zu tun

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 2 Min.

Frauen hatten bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung am 19. Januar 1919 das erste Mal abstimmen und kandidieren dürfen. Ein Jahrhundert später weist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) darauf hin, dass für Gleichberechtigung weiterhin viel zu tun ist. Denn eine Schwalbe - etwa eine weibliche Kanzlerin - mache noch keinen Sommer. Auch Männer müssten gelegentlich daran erinnert werden, dafür ihren Beitrag, etwa bei der Familienarbeit, zu leisten.

Familienministerin und Bundestagspräsidentin a.D. Rita Süßmuth (CDU) betonte in ihrer Rede die Relevanz des Frauenwahlrechts für die Demokratie. Darüber, dass Frauen aus dem Osten viel für Gleichstellung geleistet hätten, was aber leider oft übersehen werde, waren sie und die zweite Festrednerin Christine Bergmann (SPD) sich einig. Die ehemalige Bundesfrauenministerin aus Dresden zeigte sich erfreut über den vollen Plenarsaal und zugleich besorgt über den Rückgang des Frauenanteils im Bundestag. Dieser war nach der letzten Wahl 2017 auf 30,7 Prozent gesunken - vor allem wegen der männerdominierten rechten Parteien. Um dies zu ändern, forderte Bergmann eine Reform: »Statt den Zustand zu beklagen, ist es an der Zeit, sich ernsthaft mit einem Paritätsgesetz zu befassen.« Bei der Aufstellung der Wahllisten und der Direktkandidaten müsse den Parteien vorgeschrieben werden, Frauen und Männer in gleichem Maße zu berücksichtigen. Ein derartiges Gesetz auf Bundesebene plant laut der frauenpolitischen Sprecherin der LINKEN, Cornelia Möhring, bisher nur ihre Fraktion. Der Entwurf sehe vor, dass künftig in allen Wahlkreisen je ein Mann und eine Frau pro Partei kandidieren. Damit der Bundestag nicht zu groß werde, müssten Wahlkreise zusammengelegt und reduziert werden. Der Entwurf werde im Februar öffentlich vorgestellt.

Obwohl in konservativen Kreisen behauptet wird, ein Paritätsgesetz sei verfassungswidrig, hat sich bisher kaum jemand öffentlich dagegen ausgesprochen. Auch der Deutsche Frauenrat und 120 Erstunterzeichnerinnen aus allen demokratischen politischen Richtungen hatten am Dienstag einen Aufruf unter dem Motto »Mehr Frauen in die Parlemente« gestarte. Aufgrund der breiten gesellschaftlichen Zustimmung zeigte Möhring sich optimistisch: »Ich sehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Änderungen noch diese Legislatur beschlossen und in der übernächsten in kraft treten könnte«, sagte sie »nd«.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Kaiser aus Gera ergänzte im Gespräch mit »nd«: »Damit Frauen sich tatsächlich politisch beteiligen können, müssen zudem praktische Dinge wie die Uhrzeiten von Parteisitzungen und Kinderbetreuung noch stärker beachtet werden.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.