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Der Vertrag fällt
USA stellen Moskau Ultimatum, NATO eilt an die Seite Washingtons.
Am Freitag wartete die Welt nur noch auf den Vollzug der von den USA angekündigten Abkehr vom INF-Vertrag (»Intermediate Range Nuclear Forces«) über landgestützte nukleare Mittelstreckenraketen. Tags zuvor waren die NATO-Staaten über den bevorstehenden Schritt informiert worden. Als es am Freitagnachmittag passierte, folgte die Erklärung des Nordatlantikrats auf dem Fuße: Die Verbündeten unterstützten den Schritt uneingeschränkt. Einen Tag später erst, am Sonnabend, wollten die USA auch Russland förmlich in Kenntnis setzen. Wie Außenminister Mike Pompeo in Washington mitteilte, sähen sich die USA ab Samstag nicht mehr an den Vertrag gebunden. Man sei aber bereit, weiter mit Russland über Rüstungskontrolle zu verhandeln. Und Washington setzte eine sechsmonatige Frist, um zur »vollen und nachprüfbaren Einhaltung« des Abkommens zurückzukehren. Dazu müsse Moskau bestimmte Raketen und Raketenwerfer vernichten. Ansonsten »endet der Vertrag«.
Am Nachmittag fanden die nun absehbaren Debatten in Deutschland über die Folgen dieser Entscheidung ihre Vorläufer in einer Aktuellen Stunde im Bundestag, die von der Linksfraktion gefordert worden war. Die Parteivorsitzende Katja Kipping hatte zuvor bereits in einer Erklärung deutlich gemacht, dass die Bundesregierung jetzt ihren Einfluss geltend machen müsse, um eine Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenwaffen in Europa zu verhindern. Es seien »die europäischen Länder, nicht die USA, die bei einem Schlagabtausch die Ziele wären«.
Der INF-Vertrag von 1987 verbot landgestützte Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite zwischen 500 bis 5500 Kilometer, die damals in Europa stationiert waren oder stationiert werden sollten und gegen die Hunderttausende Menschen in Westeuropa auf die Straße gegangen waren. Auch die Beschaffung neuer Mittelstreckenraketen hat - da sie sich gegen Russland richten - nur Sinn, wenn man sie in der Nähe Russlands stationiert. Also in Europa. See- oder luftgestützte Waffensysteme sind vom INF-Vertrag nicht erfasst und wurden auch in den letzten Jahrzehnten weiterentwickelt. Neue landgestützte Mittelstreckenraketen könnten überdies die Debatte über die in Deutschland bereits stationierten amerikanischen Atomwaffen im Sande verlaufen lassen, die mit Flugzeugen transportiert werden. Deutschland ist über die sogenannte nukleare Teilhabe an diesen Waffen in das System der atomaren Abschreckung eingebunden. Der »Tornado« ist das einzige von Deutschland eingesetzte Flugzeug, das die hiermit verbundenen technischen Anforderungen erfüllt. Gerade erst fiel eine Vorentscheidung, welche Flugzeuge künftig die Tornados ersetzen sollen - was die Absicht auf weitere »atomare Teilhabe« bezeugt. Es geht um ein Riesengeschäft; mit der Aussicht auf eine neue Generation landgestützter atomarer Waffensysteme handelt es sich zugleich um ein fatales Bedrohungssignal an die Gegenseite, also Russland.
Gleichwohl übte sich die Bundesregierung am Freitag in der gewohnten Praxis formaler Aufrufe zur beiderseitigen Mäßigung und gleichzeitiger Schuldzuweisungen an Moskau. Bundeskanzlerin Merkel erklärte in Berlin, man wolle alles tun, um die verbleibende sechsmonatige Frist zu Gesprächen mit Moskau zu nutzen. Russland habe den Vertrag verletzt, deswegen müsse man mit Moskau weiter reden. Und Außenminister Heiko Maas (SPD) warf Moskau vor, den Vertrag mit Verstößen »faktisch außer Kraft gesetzt« zu haben. Unionspolitiker wie Jürgen Hardt und Johann David Wadephul riefen die NATO eilig zur Geschlossenheit auf. Er habe den Eindruck, dass der russische Präsident Putin versuche, das Militärbündnis zu spalten, sagte Hardt im Deutschlandfunk.
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