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Günter Nooke und der braune Brief

Der Afrikabeauftragte der Bundeskanzlerin begegnet Kritik aus der Wissenschaft mit Einschüchterungen

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Rassismusvorwürfe an Günter Nooke sind haltlos - eine solche Erklärung hätte sich der Persönliche Afrikabeauftragte der Bundeskanzlerin und Afrikabeauftragte des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wohl gewünscht, als er das Gespräch mit dem Fachverband Afrikanistik e.V. suchte. Doch das Gespräch, dem das »nd« beiwohnte, nahm einen anderen Verlauf.

Eingeladen hatte Nooke die Wissenschaftler*innen als Reaktion auf eine Stellungnahme des Verbands, in dem sie Nookes Äußerungen gegenüber der »B.Z.« im Oktober 2018 als kolonialrevisionistisch kritisieren und seine Entlassung fordern.

An besagtes Interview hatte sich eine rege öffentliche Debatte angeschlossen. In dem Interview behauptet Nooke, die Kolonialzeit habe dazu beigetragen, den afrikanischen Kontinent aus archaischen Strukturen zu lösen. Doch auch weitere Äußerungen sind als durchaus fragwürdig einzuschätzen. Zeichnet er dort doch ein sehr einseitiges Bild von Afrikaner*innen, die viele Kinder bekommen, in Clan-Strukturen leben und deren Traumziel - wenn sie denn auswandern wollen - Europa sei.

In der Stellungnahme betont der Verband die Notwendigkeit eines differenzierten Blicks auf Afrika, der die Perspektiven und Kritik von Afrikanerinnen und Afrikanern ernst nimmt. Nookes Darstellungen hingegen »bieten eine Legitimationstreppe für einen gefährlichen rechtspopulistischen Diskurs«, so die Kölner Afrikanistin Anne Storch im Gespräch.

Nooke räumte zwar ein, eine missverständliche Sprache gewählt zu haben, zog seine Äußerungen jedoch nicht zurück. Fred-Eric Essam, Gründer von ident-Afrika e.V. und Organisator einer Kamerunreise des Afrikabeauftragten schätzt Nookes Äußerungen als unproblematisch ein.

Doch Tahir Della, der Sprecher der »Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland« sieht das anders. Er vermisst in Nookes Äußerungen die Kontextualisierung der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation vieler afrikanischer Länder mit dem kolonialen Unrechtssystem. Denn: »Man kann die gegenwärtigen Machtstrukturen nicht von der Kolonialgeschichte entkoppeln«, so Della. Zu diesem Ergebnis kam kürzlich auch eine Untersuchung des National Bureau of Economic Research (NBER), in der es heißt, das fast alle Übel Afrikas nach der Unabhängigkeit mit dem Kolonialismus verknüpft sind.

Doch der Afrikabeauftragte der Bundesregierung will das offenbar nicht zur Kenntnis nehmen. In dem Gespräch wurde deutlich, dass er den Ansatz der Wissenschaftler*innen offenbar nicht ganz ernst nimmt. Sein Ziel ist »wirtschaftliches Wachstum«. Doch seine Forderung, Freistädte und exterritoriale Sonderzonen einzurichten, folgt einer gewissen kolonialen Logik.

In der »Süddeutschen Zeitung« bezeichnet der ebenfalls anwesende Historiker und Genozidforscher Jürgen Zimmerer exterritoriale Enklaven als »typische Instrumente der kolonialen Landnahme«. Er betont Nookes Verantwortung als Afrikabeauftragter der Bundesregierung, ein differenziertes Bild des Kontinents zu zeichnen, egal in welchem Medium.

War das Gespräch anfangs noch sachlich verlaufen, wurde es gegen Ende angespannt. Denn augenscheinlich hatte Nooke zum Ziel, eine Art Freispruch von den Wissenschaftler*innen zu erhalten. Doch dem vorgeschlagenen Resümee wollte die Delegation in der Kürze der Zeit nicht zustimmen. Ihr Gegenvorschlag, in dem sie Nooke bescheinigen, dass er seine Tätigkeit »kompetent« und »reflektiert« ausfülle, wurde als nicht als zufriedenstellend wahrgenommen.

Während Nooke im Gespräch noch seine Vergangenheit als DDR-Bürgerrechtler einflocht und mit den Worten »Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat« Rosa Luxemburg zitierte, zeigte er sich dem Verband nun weniger zugetan.

»Der eingeladene Fachverband Afrikanistik e. V. repräsentiert ja nicht alle Wissenschaft und Forschung zu Afrika«, so Nooke. Im Anschluss an das Gespräch erhielt die Verbandsvorsitzende Raija Kramer einen braunen Umschlag, woraufhin sie davon absah, sich auf der Pressekonferenz zu äußern. Bei dem Brief, der dem »nd« vorliegt, handelt es sich um ein an ihren Dienstherrn adressiertes Gutachten zu der Stellungnahme, in der sie der Falschangabe und Verfälschung von Daten bezichtigt wird.

Mitglieder des Fachverbands für Afrikanistik e.V. schätzen diesen Vorgang als Versuch der Einschüchterung gegenüber einer kritischen Wissenschaft ein.

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