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Mkono wa damu
Karlen Vesper über deutsche Kolonialvergessenheit
Deutschland ist stolz. Auf seine Redlichkeit. Man gab die Bibel von »Kaptein« Henrik Witbooi zurück, mit großem Brimborium, gleichwohl die gnädige Geste in Namibia selbst umstritten ist. Das Neue Testament in Nama-Sprache ward erbeutet von »Herrenmenschen« auf Witboois Anwesen in Hoornkrans. Bei einem Überfall »auf so brutale Art, wie ich es mir nie von einem Angehörigen einer weißen zivilisierten Nation hätte vorstellen können«, so der missionierte Nama-Anführer; zehn Männer, 78 Frauen und Kinder wurden feig gemeuchelt. Jahre später sind es Hunderttausende Nama und Herero, weil sie es wagten, sich gegen das deutsche Joch zu erheben. Nationalheld Witbooi zögerte lange, trotz allem, »was auf mein Herz drückte, mit aller Gehorsamkeit in der Hoffnung und mit der Erwartung, dass Gott der Vater uns erlösen würde«. Das tat Gott nicht. Weshalb der fromme Christ sein Volk zum Widerstand rief und im Gefecht fiel. Seine Bibel schenkte ein Hofrat des Auswärtigen Amtes einem Stuttgarter Museum. Das Außenministerium hat zwar derweil den Völkermord an den Nama und Herero als solchen anerkannt, Entschädigungszahlungen für den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts werden indes weiterhin verweigert.
Zudem: Viele andere koloniale Verbrechen sind vergessen, verdrängt. Wer gedenkt der Zigtausend Opfer brutalster Niederwerfung des Maji-Maji-Aufstandes durch deutsche »Schutztruppen« fast zu gleicher Zeit? Wer der unzähligen Toten durch »Hänge-Peters«, »eines renommistischen Scheusals«, wie der »Vorwärts« damals schrieb? Stattdessen erinnern immer noch Straßennamen und Gedenksteine an jenen Carl Peters, der in Afrika heute noch »mkono wa damu«, blutige Hand, genannt wird.
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